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„Nur der Schein zählt“ – Kriminalistisches Eintauchen in eine Schein-Welt

[GMG, 14.07.2023] Schon der Blick ins Programmheft zum Theaterabend am Gregor-Mendel-Gymnasium mit dessen Theatergruppe „Die Wilden 13“ weckt den detektivischen Spürsinn des Besuchers: Statt der zu erwartenden 13 Schauspielerinnen sind letztlich 14 Fünft-, Sechst- und Siebtklässlerinnen in diese Stückentwicklung involviert. Diese geht laut Ankündigung auf eine gewisse Person namens Rehadobeli Syjolehacahaemch zurück: Ob bei dieser Ankündigung nicht schon der Schein trügt…?
Apropos Schein – genauer Geldschein: Um dieses wertvolle Stück Papier in beachtlicher Anzahl dreht sich die Handlung dieser vielfach verzwickten Enthüllungskomödie. Für diese setzen der Weißclown (Amina Ullmann) und der dumme August (Sophie Özsoy) in gekonnter Weise den Rahmen: In ihrer Einführung ins Stück bringen die beiden zu Schaustellermusik die Frage nach Scheinen und einem Koffer auf den Punkt: „Wo ist der Scheinkoffer?“ Ihr Versprechen „Wir werden es gleich erfahren…“ erfüllt sich zumindest nicht direkt, sondern nach ca. 90 spannenden Minuten.

Die Szenerie – der Gemeinschaftsraum eines Altenheims – wird in ihrer, von warnendem Blaulicht schwach erleuchteten Dunkelheit direkt zum Tatort; doch statt dramatischer Schwere wird die durchgehend mitschwingende, gekonnt eingesetzte Situationskomik hier schon entfacht: Wird der Koffer zunächst unter einem Tisch fallengelassen, lassen die scheinbar harmlosen Heimbewohner nicht lange auf sich warten: Da klopft die Gulasch-Oma (Rebecka Siegert – schlagfertig und ausgefeilt in Mimik und Gang) mit ihrem Kochlöffel darauf, da stolpert die GNTM-Oma (Hanna Rieß-Pfab – mit stattlicher Erscheinung und ausdrucksstarker Bühnenpräsenz) darüber, da nimmt die Katzen-Oma (Dóra Román – raffinierter Wechsel zwischen gutmütiger Oma und gewitzter Verdächtiger), die alles und jeden für Katzen hält und entsprechend behandelt, den Koffer kurzerhand an sich: Was gäbe es für ein treffenderes Geschenk für Carl-Gustav, den „Steine-Opa“ (Benno Stiegler – ein ruhiger Beobachter und treffend umgesetztes Bild eines alternden, wissenschaftlich interessierten Mannes), als einen Koffer mit eben solchen? Gesagt – getan: Steine rein in den Koffer und das Geld raus – versteckt im fahrbaren Katzen-Bett.
Das feierliche Miteinander zu Carl-Gustavs Ehren wird rasch gesprengt durch die überraschend schnell eintreffenden Ermittlungsbeamtinnen in all ihrer Unterschiedlichkeit: Während Hauptkommissarin Luisa Bach (Lea Decassian mit couragierten Auftritten und überzeugenden Ansagen) die Richtung der Ermittlungen vorzugeben versucht, verfolgt ihre Assistentin Kristina Knister (Hannah Widmann – verkörpert detailreich die Unbeholfenheit ihrer Rollenfigur) eher ihren eigenen Ansatz – genauer ihren Karriereweg. Ergänzt wird diese knisternde Spannung des ungleichen Paars durch ein Trio von Polizeianwärterinnen, die die jungen Spiegelbilder der alternden Elfriede Klum bilden: Die um ihr Make-up besorgte, mondän anmutende GNTM-Oma bewertet dann auch gleich die drei hippen Nachwuchspolizistinnen in ihren Outfits: Mal geht’s um „Abonnieren“ (Candy: Hanna Seipt – mit wunderbar übertriebenen girlyhaften Attitüden), mal um „Liken“ (Wendy: Emma Seipt – in gekonnter Nachahmung eines It-Girls) – ohnehin immer um Fame und Geld (Mandy: Catharina Weiß – mit souveränem Abbilden des klischeehaften Influencer-Verhaltens). Von Elfriede Klum jedenfalls „gibt’s kein Bild…“

Doch das Ziel der Befragungen ist auch nicht eine GNTM-Bewertung, sondern das verschwundene Geld, das inzwischen – von anderen unbemerkt – die sechsjährige Maggie Schiefelbein (Lisa Gradl – große Spielfreude inklusive einstudiertem Sprachfehler und Spaß an Direktkontakt mit dem Publikum), Enkelin der Gulasch-Oma, gefunden und in ihrem Teddy versteckt hat. Vor diesem Hintergrund kommen die Befragungen ohne erkennbares Ziel nur schwerlich voran: Angebotene Cookies mit einem besonderen Geschmack entfalten ungeahnte Wirkungen an Knister, die vorschnell zur Waffe greift und Rechtsbehelfe einstudiert vorträgt. Da müssen die drei Polizeianwärterinnen – sie „finden alles eklig, was mit alten Leuten zu tun hat“ – ran, treffen aber nur auf eine verwirrte Katzen-Oma („Kätzchen heutzutage wissen sich auch nicht mehr zu benehmen.“), eine GNTM-Oma mit Influencer-Allüren (Heli-Port, Einzelzimmer mit Massage und Spa) und Geschichten über ihr nächtliches Schlafwandeln sowie eine Gulasch-Oma, die scheinbar verdächtige Kügelchen für eine Spezialrezeptur in ihren Kochtopf gibt.

Und sonst: Gibt’s weitere Verdächtige? Praktikantin Kara Devil (Johanna Henkel – die ihr Wissen geschickt Verbergende) entreißt Knister nicht nur zwischenzeitlich die Waffe, sondern macht auch kryptische Andeutungen. Und Pflegerin Lena Krümel (Sylvie Filipovic – die Geduld und Empathie glaubwürdig Vermittelnde) verkrümelt sich vor der Katzen-Oma unter dem Tisch.

Licht ins Dunkel der Suche nach den Scheinen bringt das kindlich gemalte Bild eines Teddys samt fehlerbehafteter Aufschrift – angebracht an der Hinterwand des Raumes und begutachtet von den Senioren entsprechend ihrer inzwischen liebgewonnenen Skurrilität: Die eine zeichnet eine Katze ins Bild, die andere vermisst darin ein neues Gulasch-Rezept und die dritte schießt mal wieder ein Selfie. Auch die drei Polizeianwärterinnen wagen sich an eine Bild-Analyse der besonderen Art („Täddy hatt: He, she, it, das t muss mit…“), erleben dann aber ihren unvermuteten Geistesblitz: Sie erkennen in Maggies Bild den – eigentlich unschwer erkennbaren, weil ja wörtlich vermerkten – Hinweis auf den Aufbewahrungsort des Geldes, fesseln das Kind, das von einem Flug zum Mars träumt, dort aber – den Fesseln sei Dank – nicht verloren gehen dürfe, und verschwinden mit dem Teddy.

Zurück bleibt Maggie, die sich erst als wehrloses, wenig auskunftsfreudiges Befragungsopfer von Karrierefrau Knister erweist (herrlich komische Situation: Maggie summt mit Kopfhörer das „Fliegerlied“), später von den Alten mitgenommen wird.

Wo sind nun die Scheine? Kurzfristig bei Mandy, Candy und Wendy, die biertrinkend recht zielsicher ihren Allgemeinzustand einzuschätzen vermögen („Wir sind dicht…“) und der mit vorgehaltener Waffe eintreffenden Kommissarin nichts Anderes als einen schrillen „Alle meine Entchen“-Gesang entgegenzusetzen haben. Weil Candy nach einem Schuss nicht so recht „tot“ sein möchte, greift die Handlungsanweisung des Spielleiters Christoph Schulz – herrlich überzeichnend und in Katzenpantoffeln geschlüpft – direkt ins Geschehen ein: „Ihr wolltet Leichen im Stück!“ lautet die energische Aufforderung, auf die zunächst Schüsse folgen und denen dann die Anwesenden scheinbar zum Opfer fallen. Selbst die Waffe führende, geldgierige Kommissarin bricht in der folgenden Begegnung mit den Alten zusammen.

Im Augenschein des nun selbst übernommenen Geldes träumen die Senioren von dessen Möglichkeiten – Livestreams, Steine, Katzenfutter, Gulasch, werden dann aber nochmals von der Gegenwart eingeholt:

Die Praktikantin erinnert an Max Disclandrow als eigentlich rechtmäßigen Besitzer des Geldes. Doch gegen diesen werden nun schwere Vorwürfe erhoben: Mit Bildern in der Hand – raffiniert inszeniert als sichtbare Verbindung von schuldhafter Vergangenheit und anklagender Gegenwart – identifiziert ihn Carl-Gustav als ehemaligen, gaunernden Geschäftspartner, wirft die GNTM-Oma ihm als ihrem damaligen Manager die Schuld am Karriere-Ende vor, verweist Lena Krümel auf die Erkrankung ihrer Tante, der Katzen-Oma, und hält die Gulasch-Oma ihm schließlich vor, dass ihr Sohn den Drogentod starb, weil Max Disclandrow dealte.
So kommt die Handlung und auch die Frage, wem denn nun die Scheine zurecht gehören, wieder ins Lot: Die Senioren dürfen sich als vielfach Geschädigte am Schein-Erwerb erfreuen und in dieser besonderen „Schein-Welt“ ihre individuellen Träume erfüllen.

Ihren Traum von einer wilden Stückinszenierung haben sich auch die jungen Schauspieler*innen verwirklicht: Denn die Textproduktion entstammt allein ihrer Feder, was sich auch hinter dem geheimnisvollen Autorennamen – einer Zusammensetzung der Anfangsbuchstaben der Beteiligten samt Spielleiter – verbirgt.
Direkt sichtbar ist schließlich der Beifall des Publikums: Dieses verlässt den Ort der Bühnenhandlung mit nicht nur einem Schein von Freude und Begeisterung…


Tobias Kober (Schultheaterleiter am Max-Reger-Gymnasium)

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Lucky Luke bringt Gerechtigkeit – und beste Unterhaltung

GMG-Theatergruppe „The Spotlights“ präsentieren Western-Abenteuer fröhlich und schwungvoll

[GMG, 07.07.2023] Lucky Luke ist die Titelfigur der seit 1946 erscheinenden belgischen Comic-Serie des Zeichners Morris. Mehr als 30 Millionen verkaufte Alben in Deutschland machen die Reihe zur erfolgreichsten Comic-Serie, und der bekannteste Western-Comic weltweit ist „Lucky Luke“ sowieso. Beste Voraussetzungen also, um mit dem Material – den Figuren und Themen – zu spielen. Gut für die Leiterinnen der GMG-Unterstufentheatergruppe „The Spotlights“, Elke Leibig und Annalena Egerer (10c), dass sie in Claudia Ried eine erfahrene Theater-Autorin an der Schule haben, die die pfiffige Textgrundlage für die Aufführungen am 6. und 7. Juli 2023 lieferte.

Das Stück beginnt mit der berühmten Verbrecherbande, den vier Dalton-Brüdern, die (wie im Comic) in Sträflingskleidung auftreten und sich wie die Orgelpfeifen vom Kleinsten bis zum Größten in Reih und Glied aufstellen, wenn die strenge Ma Dalton (Laura Willy überzeugte hier) sie zum Essen ruft: Constantin Rücker, Max Kinburg, Alexander Sohst und Malik Ciliz verkörperten die Daltons prächtig und brachten die kleinen (und größeren) Gemeinheiten, die sie aushecken, mit Schwung und Witz zur Geltung.

Ein sehr effektvoller Einfall der Autorin war es, den vier Daltons vier Cousinen gegenüberzustellen, nämlich die vier Waltons, die noch viel gewitzter und abgekochter als die Daltons sind, aber ihre kriminelle Energie hinter einer Fassade aus arroganter Püppchenhaftigkeit verstecken: Johanna Weiß, Frida Beck, Matilda Hahn und Anne Ried gelang es ausgezeichnet, die Gegenspieler (und das Publikum) mit gezierten Gesten und gezielt eingesetztem Lächeln zu bezaubern.

Nun aber zur Hauptperson: Lucky Luke, der lässigste und schlaueste Cowboy im Wilden Westen – cool auf die Bühne gebracht von Lukas Frey; mit dabei seine Begleiter, das geniale Pferd Jolly Jumper (nicht aus der Ruhe zu bringen: Carlotta Pauli) und der tolpatschige Hund Rantanplan (passend schelmisch: Anton Sapoznikov). Lucky Luke gelingt es (natürlich) nicht nur, die Daltons bei ihrem Überfall der Postkutsche zu überrumpeln, sondern auch die trickreichen Waltons des Überfalls auf die Eisenbahn zu überführen. Mit auf der Seite des Gesetzes steht dabei der Sheriff (verständlicherweise vom Charme der Waltons beeindruckt: Florian Birner) und sein Hilfssheriff (Marlene Stiegler).

Die gesamte kurzweilige Bühnenhandlung war bestens durchdacht und choreographiert, vor allem die Gegenüberstellung der Daltons und Waltons, aber auch die Kutschfahrt von Lucky Luke oder der Saloon-Auftritt der „Silvergirls“, bei dem die Schauspielerinnen der Waltons und Ma Daltons als Tänzerinnen glänzten. Effektvoll wurden kurze Musikeinspielungen genutzt, um die Stimmung zu verstärken. Aus einigen Holzelementen wurde der Tresen im Saloon ebenso zusammengesetzt wie der Mittagstisch der Daltons oder die Kutsche – und als optische Erinnerung an den Wilden Westen stand ein prächtiger großer Kaktusbaum am Bühnenrand. Was vor allem auffiel und im Gedächtnis bleibt, ist der Eindruck, dass die jungen Spielerinnen und Spieler mit Begeisterung und Freude bei der Sache waren. Das lässt auf eine gekonnte Probenarbeit von Annalena Egerer und Elke Leibig schließen, denen es auch gelang, die jungen Darstellerinnen und Darsteller zu gut vernehmlichem und deutlichem Sprechen zu motivieren. – Das Publikum darf sich schon einmal auf die nächste Produktion der „Spotlights“ im kommenden Schuljahr freuen!

Peter Ringeisen (Schultheaterleiter an den Dr.-Johanna-Decker-Schulen)

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Der RacheZug reißt mit

[GMG, 29./30.03.2023] Verspätungen, fehlende Sitzplatzreservierungen, ausfallende Züge… Die Oscars – in allen erwähnten Bereichen vorbildlich – haben nun das vollbracht, was sich das eine oder andere Bahnunternehmen wünscht: Glückliche und gänzlich begeisterte Gesichter am Ende einer zu kurzen Reise auf der Bühne des Gregor-Mendel-Gymnasiums!

Damen im Abendkleid, Herren in Anzügen, Taschenuhren und auffällige Broschen – diese Details entführten die Zuschauer in eine andere Welt. Die liebevoll zusammengestellten Kostüme harmonierten wiederum perfekt mit dem Bühnenbild, wodurch der Zuschauer auf eine Zugreise der ganz besonderen Art mitgenommen wurde. Wie viele Flohmärkte besucht werden mussten, um so viele Requisiten zu organisieren, will man gar nicht wissen.

Aber Spielleiterin Claudia Ried setzte sich nicht nur bei den Requisiten keine Grenzen, sondern auch bei den Schauspielerinnen. „Ein erfolgreiches Abitur ist noch lange kein Grund, die Theatergruppe des GMG zu verlassen!“, dachten sich wohl Ayana Bauer und Ida Hanft. Ob nun durch Zufall oder absichtlich, die erfahrensten Darstellerinnen spielten die gegensätzlichsten Rollen. Während sich Ida frei und losgelöst als Künstlerin Betty Ravenport bewegen durfte, war mit Lisa Owens eine Figur absoluter Sittlichkeit auf der Bühne platziert worden. Und wie sollte es auch anders sein: Beide überzeugten in ihren Extremen und bereicherten die Zugreise mit einem sowohl rhetorisch als auch inhaltlich geschickt platzierten Dialog, in welchem der Ermittler Monsieur Recule, gespielt von Simon Böller, eine weitere zentrale Rolle einnahm. Dieser musste den Spagat meistern, einerseits das Publikum mit gelungenen Pointen zu erheitern, andererseits aber auch die Ermittlungen voranzutreiben. Dass Letzteres eher im Kompetenzbereich von Madame Pernot, gespielt von Marion Hopfenzitz, zu finden ist, macht diese bereits mit ihren ersten Worten deutlich. Beide führen nicht nur die Ermittlungen, sondern auch das Publikum durch das Geschehen.

Die entstehenden Lücken der Handlung, die nur durch einen Erzähler geschlossen werden konnten, wurden exakt so gefüllt: In der Rahmenhandlung trifft die Autorin Agatha Christie (sehr überzeugend und charmant: Annalena Egerer), ebenfalls auf einem Bahnhof, den berühmten Piloten Charles Lindbergh, gespielt von Michael Sauer, und erzählt diesem häppchenweise von ihrem neuesten Roman. Lindberghs trauriges Schicksal dient der Autorin als Inspiration für „Der RacheZug“. Und so bekommt Herr Lindbergh nicht nur einen anderen Verlauf seines Lebens präsentiert, sondern auch die Gewissheit, dass der Mörder seiner kleinen Tochter zur Rechenschaft gezogen wurde. Luis Lopez Schmidt gibt dabei alles, dass der Zuschauer keinerlei Sympathie mit Herrn Butler, dem erfolgreichen Geschäftsmann und Mörder, aufbauen kann. Sein unmittelbarer Bühnentod folgt daraufhin in Kürze, und weder sein schneidiger Leibwächter (Mateo Seemann) noch sein diensteifriger Sekretär O´Neill (Phillipp Madl) können (oder wollen) dies verhindern.

Das Ende wird nun vorweggenommen: Alle an der Handlung beteiligten Personen wünschen sich den Tod Samuel Butlers, wodurch auch jeder ein Motiv besitzt. Daran werden bald auch die erwähnten Ermittler – zum Glück – „scheitern“…

Zuvor müssen aber all die Verflechtungen, Verbindungen und Geheimnisse entwirrt und aufgedeckt werden. Zugchef Miller, gespielt von Tobias Hetzenecker, erscheint dabei als einfacher Fall, denn warum sollte er den Ruf seines Zuges durch einen Mord gefährden? Einfach war an dieser Rolle aber nichts, denn Tobias muss im Laufe des Abends nervös, charmant, aufgeregt, verwirrt usw. gleichzeitig spielen, und als wäre das noch nicht genug, auch seine gesanglichen Talente zusammen mit Simon Böller unter Beweis stellen. Margaret Fairchild (Marietta König) kann dies genüsslich rauchend noch in Ruhe beobachten und dabei eine unschuldige Lebensfreude verströmen. Umso überraschender, dass sie als Erste den Mord gesteht. Natürlich erst, nachdem auch sie eine kleine Tanzeinlage absolviert hat. Diese unterbrechenden Elemente, gepaart mit pointierten Spitzen, gestalteten den Abend zu einem echten Erlebnis.

Mit Schauspielerin Alex Schuvalov konnte der Zuschauer durchaus Mitleid verspüren. Wer möchte schon als „alte Hexe“ bezeichnet werden, und das nicht nur einmal? Aber für Prinzessin Romanov durchaus zutreffend, was ihre Zofe Miss Wagner bestimmt bestätigen kann. Lili Popelau muss sich nun wiederum den Vorwurf, „eine graue Maus zu sein“, gefallen lassen –  nicht nur von Prinzessin Romanov, sondern auch von Herrn Butler. Am Ende sah dies aber auch der Zuschauer so, weil Lili ihre Rolle einfach gut spielte, wie alle scheinbar „kleinen“ Rollen dies an diesem Abend taten. Hier zu nennen ist auch die Gräfin Annabelle (Alina Kraheberger), schön, gut erzogen und aus bestem Hause, die am Ende gebrochen von ihren Albträumen erzählt; der Schaffner Laurent (Felix Scharf), der eine köstliche wienerische Freundlichkeit präsentiert. Zuletzt, aber nicht weniger wichtig, sind Lea Rittner (als Mary Cumberland) und Jakob Bothner (als Giovanni Lombardi) zu nennen, die beide vieles darstellten, aber nicht den typischen Autoverkäufer und das typische Kindermädchen, denn auch ihr Leben veränderte sich durch den Mord an Lucy maßgeblich.

Nicht nur die Zuschauer an diesen zwei Abenden waren begeistert, sondern auch Bertolt Brecht wäre gänzlich erfreut gewesen, spätestens als mit Hilfe eines Schattenspiels die Mordtat aufgedeckt wird.

Reichlicher Applaus belohnte die „Oscars“ und ihre Regisseurin für ihr unterhaltsames und originelles Stück.

Florian Hackl
(Schultheaterleiter an den Dr.-Johanna-Decker-Schulen)

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Horror!

[14.10.2022/GMG] „Horror!“ von Barbara Seeliger

Am Abend des 14.10.2022 brachte die Unterstufen-Theatergruppe „Die Wilden 13“ des GMG unter der Leitung von Christoph Schulz das Stück „Horror“ auf die Bühne. Die vielen unterschiedlich gestalteten Plakate, die im ganzen Schulhaus verteilt waren, verhießen einen äußerst blutrünstigen Abend. So war die Neugier beim Publikum groß, als der Vorhang in der voll besetzten Aula fiel und den Blick freigab auf eine schwarze Bühne, auf der sich nach und nach die „Spielwütigen“ der Schule einfanden – Wir befanden uns mitten in den Vorbereitungen zum Dreh eines Horrorfilms! Mit jeder Menge „special effects“ und gaaanz viel Blut, versteht sich!

Dass so etwas ein sehr ambitioniertes Unterfangen ist, stellte sich schnell heraus! Die junge Regisseurin Anne (Hannah Widmann spielte die Anne in vollendeter Freundlichkeit und mit schier endlosem Enthusiasmus) schien mit einem meterdicken Geduldsfaden gewappnet und versuchte ihre Mitstreiter*innen für das Projekt zu begeistern und die verschiedenen Ideen zu bündeln. Hätte sie nicht ihre Assistentin Verena (geradezu furchteinflößend energisch: Liv Erzberger) an ihrer Seite gehabt, hätte das Projekt wohl gleich am Anfang wieder sein Ende gefunden.

Denn auch wenn sich alle – die wild entschlossenen Schauspieler*innen und das durch und durch kompetente Technikteam – todesmutig in dieses Abenteuer stürzten, um ihre geballte Energie in Gänsehautentwicklung zu verwandeln, lauerten die ersten Fallstricke bereits bei der Vergabe der Rollen: Das Drehbuch sah leider nur eine weibliche Hauptfigur vor, um die sich die fünf Schauspielerinnen im wahrsten Sinne des Wortes prügelten. Es war ein Genuss, ihnen dabei zuzusehen, mit welch leidenschaftlicher Zickigkeit sie um die Rollen rangen! Nachdem sich keine einvernehmliche Rollenverteilung am Horizont abzeichnete, bekam kurzerhand Lisa – Jojo Henkel spielte sie erfrischend fröhlich und pragmatisch – den Part der Livia zugeteilt, sehr zum Missfallen des restlichen weiblichen Ensembles.

Nachdem auch die übrigen Rollen verteilt waren, hätten die Dreharbeiten eigentlich anfangen können. Hätten. Eigentlich. Denn die allgemeine Unzufriedenheit brach sich dergestalt Bahn, dass ein wildes Gezerre um die vermeintlich besten Rollen begann. In kurzen und witzigen Dialogen versuchten die einzelnen Darsteller*innen sich gegenseitig ihre Rollen schmackhaft zu machen, um sich die jeweils anderen Rollen zu schnappen. Paulina (wunderbar energisch gespielt), die sich so gar nicht mit der Rolle der Putzfrau abfinden wollte, sorgte dabei für viel Wirbel. Zunächst stürzte sie sich mit wahrem Feuereifer, aber erfolglos, auf Lisa, deren Part sie naturgemäß für den ihren hielt, war doch der männliche Hauptdarsteller Max ihr Freund! Dann versprach sie sich von Kathrin und Eva einen Rollenwechsel. Auch wenn diese Gespräche nicht zum gewünschten Ergebnis führten, erfuhr Paulina eine kurzfristige Genugtuung, als sich die schöne Kathrin – von Emma Seipt herrlich eitel und selbstbewusst gespielt – durch einen rein zufälligen Schubser ihrerseits mit Lippenstift vollschmierte. Auch dass Paulina dem Publikum – natürlich ganz im Vertrauen, dafür aber umso genüsslicher – mitteilen konnte, wie schlecht Eva in der Schule sei, half ihr, ihren Part schließlich zu akzeptieren. Hanna Seipt spielte die von ihrem Aussehen überzeugte, dann aber von Paulinas Worten erschrockene Eva sehr überzeugend.

Nun – endlich – konnten die Dreharbeiten beginnen! Nur wie sollte eine Szene gruselig werden, wenn Max, der Vampir (sehr amüsant verkörpert von Pierre Pieper), wegen seines schlechtsitzenden Gebisses nicht zu verstehen war und er in seinem improvisierten Kostüm schlicht „bescheuert“ aussah, wie Lisa lapidar feststellte? Die Diskussionen waren in vollem Gang, eine Lösung schien gefunden (Der Vampir sollte einfach ohne Text auftreten!), als ein verflixter Unfall dazu führte, dass Max sein Gedächtnis verlor und bis auf Weiteres nicht mehr einsatzfähig war. Die Stunde der Techniker hatte geschlagen: Der begnadete Kamera-Experte (in vollendeter Coolness: Johann Beck) schlug vor, Max kurzerhand rein digital in den Film zu bugsieren, was wiederum bei der Tontechnikerin (umwerfend quirlig und witzig gespielt) für wahre Begeisterung sorgte. Die fürs Licht zuständige Leni konnte dies allerdings nicht vom Skateboard hauen (Lea Decassian spielte eine beneidenswert in sich ruhende Leni!). Leider fiel auch dieser Plan ins sprichwörtliche Wasser oder vielmehr in die Cola: Das Mädchen für alles, die gute Seele des Projekts, Isabel (Johanna Weiß sorgte mit ihrer liebevoll schusseligen Isabel für viel Erheiterung) ertränkte die wertvolle Kamera in dem verhängnisvollen Weichgetränk. War nun alle Mühe umsonst gewesen? Die findigen Techniker sorgten für ein Happy End: Sie hatten alle Proben, Zwistigkeiten, Versöhnungen, Vampirbisse, Rangeleien und Ohnmachtsanfälle aufgenommen und zu einem grandiosen Film gemacht. Der Weg war das Ziel gewesen! Und dieser Weg hat sich wahrlich gelohnt. Diese junge Gruppe, die nach der langen Coronazwangspause zum ersten Mal in dieser Konstellation auf der Bühne stand, hat uns Zuschauer*innen einen herrlichen, kurzweiligen und unheimlich lustigen Abend beschert!

Barbara Güldenberg

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Vom Staube befreit: GMG beamt „Faust“ in die Gegenwart

[GMG, 05./06.04.2022] Faust – Zeuge oder Täter? oder: Der Fall Margarete Weiß
Die Theatergruppe „Die Oscars“ am Gregor-Mendel-Gymnasium präsentierte am Dienstag- und Mittwochabend das Stück „Faust – Zeuge oder Täter? oder: Der Fall Margarete Weiß“, in dem sie Johann Wolfgang von Goethes Drama „Faust. Der Tragödie erster Teil“ unter der Leitung von Oberstudienrätin Claudia Ried neu interpretierte. Dabei beeindruckte die Neufassung dieses Klassikers die Zuschauer damit, dass alle wesentlichen Elemente des Originalwerkes schlüssig in die Moderne geholt wurden und trotzdem die eigentliche Geschichte um Margarete und Dr. Heinrich Faust erhalten blieb. Dabei durften einige zu geflügelten Worten gewordene Zitate wie „Da steh´ ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor!“ nicht fehlen und wurden von Faust (dem Original im Gemisch aus Naivität, Skrupellosigkeit und schlechtem Gewissen ähnlich: Simon Böller) geschickt eingebracht. Die Handlung beginnt mit dem eigentlichen Ende: Gretchen, eindringlich gespielt von Pauline Meiller, wurde bereits festgenommen, Kommissarin Ida Hanft und Kommissar Richard Römmich stürzen sich in ihre Ermittlungen, unterstützt von den Kripobeamten (korrekt im Dienst: Jakob Bothner und Lea Rittner). So erleben die Zuschauer die Gretchentragödie als einzelne Zeugenaussagen. Besonders die Ermittlungen im Hause der verschrobenen Nachbarin, die ihre Aussagen mit ihrer Katze abstimmt (die wandelbare Annalena Egerer in einer ihrer drei Rollen), zeigte den schwierigen Ermittlungsalltag der Polizisten.

Die Wagner, souverän gespielt von Ayana Bauer, half dem Publikum mehrmals, der Handlung zu folgen, denn sie durchbrach immer wieder gekonnt die vierte Wand, um Personen und Handlungen einzuordnen. Anders als im Original war sie es, die eine Wette mit Mephista (schön subtil böse: Katharina Filimonov) abgeschlossen hatte: Mephista behauptete, jeder Mensch sei korrumpierbar; Wagner hielt dagegen, gebildete Menschen, insbesondere Faust, könnten aufgrund ihrer moralischen Standhaftigkeit nicht zum Schlechten verführt werden.

Über einen Spiegel lernten sich die beiden Hauptfiguren kennen, und zwar im Friseursalon von Fabrizio (in dieser Rolle temperamentvoll südländisch: Jakob Bothner), als Gretchen während ihres Studentenjobs die Haare vom Boden auffegte. Was wollte Faust in diesem Salon? Wie durch Zauberhand verjüngt werden natürlich. Mit seinen Wünschen brachte er selbst Maestro Fabrizio ins Schwitzen, wie er in einem TV-Interview gesteht. Die Kamerafrau (stets nah dran am Geschehen: Liliane Poeplau) tauchte dabei im gesamten Stück immer wieder an der Seite der jungen Reporterin (freundlich, aber bestimmt: Mabel Kigadye) auf, welche in dieser Gerichtsverhandlung ihre Chance sieht, beruflich durchzustarten. Auch die junge – und laut Mephista überteuerte – Anwältin (gewieft und cool: Esma Kos) sieht in diesem Fall des Kindsmordes, der noch zwei weitere Morde ans Tageslicht bringt, eine Gelegenheit, Karriere zu machen.

Das Innenleben einiger Figuren zeigten die „Oscars“ sehr effektvoll in kurzen Monologen, die durch einen Wechsel in der Beleuchtung signalisiert wurden. So erfährt das Publikum, dass die nach außen um das Wohl der Angeklagten besorgte Polizeipsychologin ganz sicher ist, Gretchen wolle sie mit ihren Aussagen „verarschen“; auch die eigentlichen Gedanken Gretchens werden auf diese Weise deutlich. Kurz nach dem Nervenzusammenbruch Gretchens folgt die Walpurgisnacht. Dieses fiktive Treffen von Hexen und Teufeln, die sich sinnlichen Freuden hingeben, wurde ebenfalls auf der Bühne inszeniert, nämlich in der Diskothek „Auerbach“, die zufälligerweise Mephista gehört!

Und wie kam es nun zum Kindsmord? Eine Schlüsselrolle spielt hier Lieschen (überzeugend dynamisch: Alicia Schroers Gómez), die gerne Tratsch in der Stadt verbreitet, eine junge, gut vernetzte Verschwörungstheoretikerin, die im gesamten Stück vor Übergriffen durch den Staat und Echsenmenschen und vor der Manipulation durch die Mainstreammedien warnen möchte. Natürlich nutzt sie vor allem ihr Smartphone zur Kommunikation. Solchermaßen zur Aluhut-Trägerin gemacht, zielt die Gretchenfrage dieses Gretchens nicht auf Heinrichs Haltung zur Religion, sondern sie möchte von ihm wissen: „Wie hältst du es mit der Politik?“. Der kurze Glücksmoment der Liebenden wird radikal abgewürgt von dem gesellschaftlichen Druck, der auf die junge Frau wirkt, geschickt dargestellt durch alle anderen Akteure, die von allen Seiten stampfend und ihre Forderungen an die junge Frau phrasenhaft proklamierend immer weiter auf sie zu drängen.

Zum Abschluss darf aber eine wichtige und farbenfrohe Rolle nicht vergessen werden: Der in Regenbogenfarben gestreifte Staubwedel, der in regelmäßigen Abständen beim Bühnenumbau zum Einsatz kam. Begleitet von mindestens zwei Schauspielern und einem schwungvollen Jingle trug dieses Requisit zur humorvollen Unterhaltung des Publikums bei.

Wer nun bedauert, dieses kurzweilige Stück im GMG verpasst zu haben, hat am 01. Juni noch eine Chance, es sich anzusehen.

Florian Hackl, Schulspielleiter an den DJDS

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Theatertage der bayerischen Gymnasien 2020 am GMG

Die Theatertage der bayerischen Gymnasien – in diesem Jahr in Amberg! Eine tolle Sache, dieses lebendige Theaterfestival in der Heimatstadt zu haben. Herzlichen Dank an die Organisatoren, Theaterlehrerin Claudia Ried und ihre P-Seminare am Gregor-Mendel-Gymnasium (GMG)!

Als ausrichtende und gastgebende Schule ist das GMG vom 15. bis 18. Juli 2020 das Zentrum des Geschehens. Theatergruppen aus ganz Bayern werden anreisen, um einerseits Ausschnitte aus ihren aktuellen Produktionen zeigen und andererseits sich die Theaterarbeit der anderen Gruppen anzusehen. Ein weiterer Zweck der Theatertage ist die Fortbildung, die in mehreren Workshops geleistet wird. Einen Teil der Aufführungen und der Workshops lagern die Organisatorinnen ans Stadttheater Amberg und in die Räume der Dr.-Johanna-Decker-Schulen aus.

Einen Bericht über die gemeinsame Ankündigung des Ereignisses durch Schulleitung, Orga-Team und Oberbürgermeister hat Miriam Wittich für die Amberger Zeitung verfasst:

Theatertage der bayerischen Gymnasien 2020 in Amberg

Die Auswahl der teilnehmenden Theatergruppen liegt in den Händen der Jury der Arbeitsgemeinschaft „TAG“ (Theater am Gymnasium in Bayern).

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« Au revoir, mon lapin rouge »

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[GMG, 10./11.12.2019]  „Jetzt hat der blöde Hitler mein rosa Kaninchen!“ —
Das Bühnenbild reduziert auf rote Hocker, die Schülerinnen und Schüler in Jeans und schwarzem T-Shirt – so gelang es der ehemaligen Theaterklasse des GMG in immer unterschiedliche Rollen zu schlüpfen. Und manchmal sind alle Max und alle Anna.

Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse alias „Die Ofenkartoffeln“ präsentierten am Mittwochabend das Stück „Au revoir, mon lapin rouge“, das frei nach Judith Kerrs Jugendbuch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ von der Theaterlehrkraft Claudia Ried in eine Bühnenfassung umgeschrieben wurde. Eindrucksvoll stellten die Schüler Annas und Max‘ Reise mit ihrer Familie dar, die als Juden vor den Nationalsozialisten fliehen müssen und daher Berlin in Richtung Schweiz verlassen. Das Gefühlschaos der beiden Kinder wurde hierbei durch das Stimmengewirr der Schüler deutlich, die unruhig im Raum auf und ab gehen und sich von ihrem vertrauten Zuhause verabschieden müssen.

Nach einer Schrecksekunde bei der Passkontrolle im Zug kommt die Familie in Zürich an, wo der Vater sie in das beste Hotel am Ort eingebucht hat. Daher überwiegt zunächst noch die Abenteuerlust: „Ich fühl` mich wie im Urlaub!“, so Anna. Doch als sie in der Schweiz vom Reichstagsbrand hören, Anna krank wird und ihre finanzielle Situation immer prekärer wird, zeigt sich, dass eine Rückkehr nach Berlin unmöglich wird. Zudem erfahren sie, dass die Nationalsozialisten ihr Haus in Berlin mit all den darin befindlichen Sachen konfisziert haben, darunter auch Annas rosa Plüschkaninchen, das sie dort zurücklassen musste.

Als manche Schweizer Eltern dann ihren Kinder nicht erlauben, mit Anna und Max zu spielen, weil sie jüdisch sind, wird die Familie gewahr, dass eine vollständige Integration schwerlich möglich ist. Man macht sich auf nach Frankreich.

Dort müssen die Kinder erneut eine fremde Sprache lernen und sich eingliedern. „Wir sollen aussehen und sprechen wie Franzosen“, fasst es Anna zusammen. Leider verdient der Vater, ein kritischer Journalist, auch in Paris zu wenig Geld und die Eltern beschließen, sich nach England einzuschiffen. Nach diesem dritten anstrengenden Neuanfang können sie endlich bleiben. Diese Geschichte ist die Geschichte Judith Kerrs selbst, der Autorin des Jungendbuches.

Im Anschluss an das Stück formulierten die Darsteller auch ihre persönlichen Gefühle zum Thema Flucht und Vertreibung, das heute aktueller denn je ist: „Auf der Flucht zu sein stelle ich mir schlimm vor, weil man nie weiß, ob man seine Verwandten und Freunde jemals wiedersieht und man immer und überall fremd ist.“ In diesem Sinne dient die schulische Theaterarbeit auch immer dazu, dass Schülerinnen und Schüler lernen, sich in die Situation anderer Menschen einzufühlen, was ein wichtiger Beitrag für eine solidarische und empathische Gesellschaft ist.

In vielen eindrucksvollen Bildern, die mit wenig Requisiten auskamen, schufen die Schülerinnen und Schüler eine bewegende Reise durch drei Länder und in die Gefühlswelt von Anna und Max. Schulleiter Peter Welnhofer dankte am Ende allen Beteiligten und brachte seine Vorfreude über die bevorstehenden Theatertage im Juni 2020 zum Ausdruck.

Elisa Romfeld
(Schulspielleiterin am Erasmus-Gymnasium)

 

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Ein Mörder steht im Walde?

[GMG, 27.06.2019] Bei sommerlichen Temperaturen brachte die Theatergruppe der Unterstufe am 27. Juni ein Kriminalstück auf die Bühne, das aber auch humoristische Elemente aufzuweisen hatte. Unter der Leitung von Christine Kleinert wurde von neun Schülerinnen der der 6. und 7. Jahrgangsstufe des Gregor-Mendel-Gymnasiums das Stück „Ein Mörder steht im Walde“ von Christine Steinwasser aufgeführt.

Franziska von Brotlingen (Emma Lederer) und ihre verwöhnten Freundinnen werden von einer ehemaligen Schulkameradin zu drei Tagen im Wellness-Resort eingeladen, inklusive Chauffeur. Als dieser die teils High-Heel besohlten Damen an einer Straße aussetzt, nachdem sie noch die Anhalterin Jo (Marie Gamperl) aufgegabelt haben, merken sie recht schnell, dass der Weg nicht ins Hotel, sondern geradewegs in einen Wald führt. Da es zu spät zum Umkehren ist und es auch keinen Handyempfang gibt, dämmert es den gestylten Damen, dass sie die Nacht im Wald verbringen müssen. Als auch noch Ruth (Diana Wild) alle biotischen Gefahren aufzählt, die Gruppe aber nur probiotischen Joghurt kennt und Larissa (Katrina Koschukow) ein “schlechterer Orientierungssinn als Toastbrot“ bescheinigt wird, taucht ein Brief mit folgendem Wortlaut auf: „Herzliche Grüße von Jessica. Morgen seid ihr alle tot!“ Nachdem die erste Panik sich gelegt hat, findet sich auf der Rückseite ein Hinweis auf von Jessica im Wald versteckte Campingsachen.

Beim Aufstellen des Pop-up-tents stellen sich die Beteiligten dann auch aufgrund der schlechten Übersetzung der Gebrauchsanweisung recht hilflos an. Nachdem ein Streit entbrennt, wer nun im Ein-Mann-Zelt übernachten darf, wird die Truppe nach einem Toilettengang dezimiert: Steffi (Stella Husak), die von Franziska wie eine Sklavin behandelt wird, wird vermisst. Nun kommt die Gruppe ins Grübeln und erinnert sich an diverse Streiche, die Jessica einst gespielt wurden und die auch ursächlich waren, dass diese – schuldlos – der Schule verwiesen wurde.

Als Melissa (Angelika Belz) von einer Kreuzotter gebissen wird und sich allein auf den Rückweg macht, Chantal (Marietta König), Juli (Amelie Kny) und Nihal (Fadim Yüksel) von einer Erkundungstour nicht mehr auftauchen, Ruth von einer wildgewordenen Bache angegriffen wird und Franziska Tollkirschen isst, bleiben nur noch Jo und Larissa übrig. Letztere ist über die plötzliche Rückkehr der vermeintlich toten „Dienerin“ Steffi sichtlich erstaunt, bis Jo und Steffi ihr offenbaren, dass sie beiden die Schwestern von Jessica sind, die Rache an deren ehemaligen Schulkameradinnen nehmen wollen, die Jessica durch ihr Mobbingverhalten in die Psychiatrie gebracht hatten. In Panik knallt Larissa an einen Felsen und verstirbt als letzte der Truppe ebenfalls: „Schade, jetzt kann ich ja gar niemanden umbringen“, so Steffi. Somit haben sich Jessicas einstige Mobber selbst gerichtet.

Schulleiter Peter Welnhofer dankte abschließend den Schülerinnen für die „überzeugende und gruselige Vorstellung“, Christine Kleinert für Regie und Leitung, der Licht- und Tontechnik und den Fotographen. Die Leistung der Schülerinnen, über eineinhalb Stunden begeistert zu schauspielern, wurde mit anhaltendem Applaus gewürdigt.

Elisa Romfeld
(Spielleiterin Erasmus-Gymnasium)

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Pitypoints – eine Warnung vor Gemeinheit

[GMG, 04.06.2019] Sehr gelungene Eigenproduktion der Theatergruppe „Die Oscars“ vom Gregor-Mendel-Gymnasium

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Die Schultheateraufführung „Pitypoints“ gehen die 17 Schülerinnen und Schüler aus der Mittelstufe des GMG in aller Aggressivität an: Von allen siebzehn ist zum Start ein verächtlicher Spruch zu hören, wie er wohl manchmal als schlechter Witz erzählt wird, und immer ist eine bestimmte Gruppe Zielscheibe der Verachtung. Während bei den ersten Sprüchen noch vereinzelte Lacher im Publikum zu hören sind, wirkt die geballte Ladung doch mit der Zeit bedrückend – erst recht, als den Zuschauern klar wird: Aus dieser Negativität kommen wir so leicht nicht mehr heraus, das müssen wir durchstehen. Denn es wird der Start einer neuen Game-Show angekündigt, in der es ausschließlich darum gehen soll, wer die anderen am besten und effektivsten fertigmachen kann: „Pitypoints“.

In einer bis ins Detail geglückten Persiflage auf tatsächlich existierende Shows (vom Dschungel-Camp bis hin zu „Deutschland sucht den Superstar“ und Konsorten) bereiten die Moderatoren (Vivian Gier und Richard Römmich) das Publikum auf die zu erwartende Show vor und erklären, dass jeder Kandidat unempfindlich und kaltherzig bleiben müsse. Jeder, der eine Schwäche zeigt, fliegt raus – und wer Mitleid mit einem der Angegriffenen zeigt, bekommt einen „Pitypoint“ (Mitleidspunkt); drei davon sind ebenfalls ein Grund, die Show verlassen zu müssen. Die drei Mitglieder der Jury (Natalia Matula, Mabel Kigadye und Leonel Lopez Schmidt) nicken mit gut gespielter Expertenmiene und lassen ihre Platitüden ab über Durchhaltevermögen, Authentisch-Sein und Sich-Präsentieren-Können – was man eben in solchen Shows so hört. Strukturell ist das zwischendurch immer wieder auftretende Gespann aus Moderatoren und Jury einerseits eine Zeit zum Durchschnaufen für das Publikum, denn hier wird so getan, als sei das Geschehen in der Show irgendwie normal und irgendwie unter Kontrolle. Gleichzeitig wird aber deutlich, wie menschenverachtend dieses Format ist, da es auf die einzelnen Teilnehmer natürlich nicht die geringste Rücksicht nimmt. Um Emotionen geht es, um Zoff – nicht darum, wie die Einzelnen darunter leiden.

In der Show selbst, also in der Interaktion der Kandidatinnen und Kandidaten untereinander, stellt sich schnell heraus, wer sich als besonders harter Hund fühlt – z. B. der daueraggressive „Assi“ (passend derb dargestellt von Simon Böller) – und wer in dieser Runde eher fehl am Platz ist und sich nur selbst beweisen wollte, dass sie oder er es schafft, wie das Hippie-Mädchen (gut in der sensibel-schüchternen Rolle: Sophie Waal).

Auch Allianzen werden geschmiedet, und die (vermeintlichen) Freundinnen teilen private Geheimnisse miteinander, die dann später erbarmungslos genutzt werden, um die vertrauensselige Person bloßzustellen, so beispielsweise die ansonsten so selbstbewusste Vanessa (Alina Dotzler), die dem Blondchen (nur scheinbar naiv, aber eigentlich ziemlich clever: Ayana Bauer) und der Zicke Naomi (treffend verkörpert von Katharina Filimonov) anvertraut, dass sie aus einem Bauernhof stammt und einer früheren Schule deswegen gemobbt wurde.

Eine Überraschung für die bald recht geübten Mobber ist die Widerstandskraft eines offensichtlichen Opfers: die Übergewichtige (souverän gespielt von Paula Schißlbauer) zeigt es allen, dass sie nichts mehr umwirft: „Ich habe schon JEDEN blöden Spruch über Dicke gehört – mich könnt ihr damit nicht beeindrucken!“

Die Handlung spitzt sich schließlich zu, als der Schwule (sehr geschickt, teilweise mit einem Augenzwinkern dargestellt von Niko Tadin) mit einem persönlichen Brief seines Vaters konfrontiert wird, in dem dieser ihm seine Enttäuschung und auch seine Verachtung für den Sohn ausdrückt. Das ist zuviel für ihn, und er bricht zusammen. An dieser Stelle – das Publikum fragt sich schon, worin die nächste Demütigung, der nächste Zusammenbruch bestehen könnte – verlassen die Spielerinnen und Spieler ihre Rollen und fragen die Zuschauer: „Wollen Sie das wirklich sehen?“

Und obwohl die Frage in ihrer Provokation etwas ungerecht ist, denn natürlich sind die Zuschauer gekommen, um die Theatergruppe zu sehen – wird ganz deutlich, dass die Frage weiter zielt: Auf die Sensationsgier und Schaulust, die wohl in jedem mehr oder weniger stecken, und auf die Lust am „Gag“, auch wenn er auf Kosten einer Gruppe geht, die sich gerade nicht wehren kann, seien es nun Hippies, Übergewichtige oder sonst irgendwie von einer Norm Abweichende.

Begeisterten Applaus erntete die Theatergruppe „Die Oscars“ für ihr engagiertes und nachdenklich machendes Stück, bei dem Oberstudienrätin Claudia Ried nicht nur Regie führte, sondern zu dem sie auch den Text geschrieben hatte – ein weiterer Erfolg aus ihrer produktiven Feder.

Die bisher nicht genannten Schauspielerinnen und Schauspieler überzeugten ebenfalls in ihren Rollen: Marion Hopfenzitz, Ida Hanft, Violetta Kaiser, Julia Depperschmidt, Laurin Wiedenbauer.

Peter Ringeisen, Spielleiter am Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium

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Knüller: Stripper ist ein adeliger Jurist

[GMG/Ehemalige, 11.05.2019] Wenn man seine Jungfräulichkeit für einen guten Zweck versteigert, ist das nun Prostitution im Robin-Hood-Kleid oder wahrlich selbstlos?

Die Theatergruppe „Obstsalat“, die aus ehemaligen Schülern des Gregor-Mendel-Gymnasiums besteht, hat auch in diesem Jahr eine äußerst unterhaltsame Produktion auf die Beine gestellt! Die am 11. Mai im Club LaVida präsentierte Komödie „Wahrheit oder Pflicht“ wurde von der Gruppe unter der Leitung von Claudia Ried selbst konzipiert und in Eigenregie mit Unterstützung von Elke Leibig erarbeitet.

Ein zunächst harmloser und von der Trauzeugin Evelyn (Lena Härteis) perfekt organisierter Junggesellinnenabschied läuft im Verlauf des Abends langsam aus dem Ruder. Werden zunächst noch Polaroids mit den Zuschauern geschossen, gibt es eine erste Konfrontation mit der Trauzeugin und der eigentlich älteren Freundin Katta (Barbara Winkler). Es stellt sich heraus, dass Trauzeugin Evelyn die Braut Emma (Antonia Schmidt) buchstäblich um diesen Job angebettelt hat, was der unbeschwerten Stimmung zwar einen ersten Dämpfer verpasst, aber von allen anwesenden Damen sensationslustig verfolgt wird: „Also ich find`s grad spannend!“

Im eigentlich romantischen Teil des Abends soll Emma erzählen, wie sie ihren Ehemann kennengelernt hat. Die Mitbewohnerin der Braut Ronja (Constanze Gierl) spielte dabei eine nicht unwesentliche Rolle: Sie war zuvor mit dem zukünftigen Ehemann Chris zusammen, hatte diesen aber bereitwillig „abgegeben“, da sie es „im Bett etwas aufregender“ mag. Chris sei süß, aber eben etwas konservativ in der Horizontalen, so Ronja, aber: „Dann passt er ja zu dir!“

Obwohl striktes Handyverbot herrscht, will Maria (Meike Pfeiffer) just an diesem Abend etwas auf Ebay versteigern, „was sie früher oder später eh verloren hätte“ – ihre Jungfräulichkeit! Diese soll mindestens 10.000 Euro einbringen, die an Waisenkinder in Bolivien gehen, so die Idealistin. Sie würde wenigstens etwas tun und nicht immer nur reden, postuliert sie, woraufhin trocken argumentiert wird, dass das eigentlich „Prostitution ist, aber mit einem echt guten Stundenlohn!“

Als der Stripper Turn-On-Toby auf die Bühne kommt (Jonathan Grothaus) und sich aufreizend den Damen darbietet, wundert er sich, warum die Anwesenden nicht wirklich empfänglich für seine Reize sind. „Richtige Party, falsches Timing“ wird er aufgeklärt. Schnell reiht er sich in die sensationslustige Damenrunde ein, die schon die nächste moralische Verfehlung zielsicher aufgespürt hat: Die im 6. Monat schwangere Bernadette (Martina Mikuta) hatte just vor 6 Monaten ihren Mann betrogen – mit sichtbarem Ergebnis!

Als nun auch die Vorbildehefrau Ida (Johanna Mehringer) zugeben muss, dass die Scheidung bevorsteht, packt die Schwester der Braut Paula (Alexandra Jehlicka) eiskalt aus, dass die gemeinsamen Eltern dem zukünftigen Bräutigam persönlich gesagt hätten, dass sie sich für die Tochter etwas Besseres als einen DJ ohne Führerschein gewünscht hätten. Während die Braut noch im Schockzustand verharrt und sich Evelyn permanent bemüht, dem Abend wieder eine Struktur zu verleihen, taucht unversehens der Bräutigam auf (David Pickel), der nachschauen will, ob der Prosecco ausgeht. „Hier geht nichts aus – am allerwenigsten der Gesprächsstoff“, konstatiert Stripper Toby trocken, der sich zudem als adliger Jurist entpuppt!

Als auch noch die feierwütige Giulia (Anna-Liri Shalsi) zugibt ohne Arbeit zu sein, die Romantikerin Helena (Katharina Waal) Pornodrehbücher schreibt und Ehemann Chris durchblicken lässt, dass er sich ein Heimchen am Herd wünscht, kommt Emma ins Grübeln.

Nachdem Chris und Maria die Party kurzzeitig verlassen, wird der Plan geschmiedet, gemeinsam Marias Jungfräulichkeit zu ersteigern, denn Mitternacht naht („Süß – ist ja wie bei Cinderella!“). Doch nicht Stripper Toby erhält mit der finanziellen Unterstützung der Freundinnen den Zuschlag, sondern ein anderer Bieter: „Loverboy“. Als die Braut dessen Emailadresse sieht, reagiert sie ungehalten: „Loverboy wird sich ganz sicher nicht bei dir melden – und mich ganz sicher nicht heiraten!“

So ging für die Zuschauer eine sehr unterhaltsame Aufführung zu Ende, die Sprachwitz und Dramatik zu vereinen wusste. Technisch gut inszeniert und Akzente mit Standbildern und Liedern zeigten die großartige Regiearbeit von Claudia Ried, deren Schauspieler jedes Mal aus ganz Deutschland anreisen, um hier zu brillieren!

Elisa Romfeld, Spielleiterin am Max-Reger-Gymnasium

Die Schlagzeile ist dem Abdruck der Besprechung in der Amberger Zeitung entliehen. Danke!

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