Ernsthaft, verspielt, kreativ: Ambergs lebendige Schultheaterlandschaft
Vor einem vollen Haus durften die Theatergruppen der Amberger Schulen im Stadttheater Ausschnitte aus ihren aktuellen Produktionen spielten. Wie Oberbürgermeister Michael Cerny in seiner Begrüßung feststellte, erhält man auf diese Weise einen wunderbaren Überblick über das kreative und lebendige Schultheaterleben in der Stadt Amberg.
Den Start gestalteten die Jüngsten, nämlich die Theaterklasse des Gregor-Mendel-Gymnasiums unter der Leitung von Claudia Ried. Die Klasse 5a spielte mit viel Elan auf und mit großen weißen Würfeln, die als Trommeln und als Wortbausteine dienten. Schließlich war die Botschaft: „Willkommen im Stadttheater“ zu lesen.
Die Unterstufengruppe des Erasmus-Gymnasiums präsentierte einen Ausschnitt aus „Kaisers und die Kleider“, einer modernen Version des Märchens von Hans-Christian Andersen. Energisch versucht der Kaiser seiner Frau klarzumachen, dass sein Konsumrausch (natürlich in Bezug auf Kleidung, aber auch technische Geräte, Autos usw.), einen tieferen Sinn habe – stößt dabei bei seiner Gattin allerdings auf wenig Verständnis. Die von Sandra Häusler und Susanna Rosemann einstudierte Szene bot viel Bewegung und Farbe, mit denen die Händler und die Models glänzen konnten.
Düster wurde es bei der Unterstufengruppe (6./7. Klasse) des GMG. Geleitet von Christine Kleinert, beschäftigen sich die Jugendlichen mit dem etwas unheimlichen Stück „Ein Mörder steht im Walde“. Eine Gruppe von Mädchen wird unter einem Vorwand in einen Wald gelockt, und eine nach der anderen verschwindet auf mysteriöse Weise. Soviel darf verraten werden: Hier nimmt jemand Rache für Verletzungen, die in der Vergangenheit liegen.
Ein Volksmärchen in der Bearbeitung von James Krüss nahmen sich die Theaterbegeisterten der Franz-Xaver-von-Schönwerth-Realschule, angeführt von Brigitte Bodensteiner, zur Grundlage für eine Eigenproduktion, die sie „Das Glück ist barfuß“ nennen. Mit gut einstudierten, effektvollen choreographischen und chorischen Elementen zogen sie die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich, als sie auf der Suche nach dem Glück über den Zuschauerraum die Bühne des Stadttheaters eroberten. Der Grund für diese Suche ist die schwermütige (oder vielleicht nur missmutige) Königin, die an nichts mehr Freude hat und die nicht einmal von einem ganzen Heer motivierter Clowns zum Lachen gebracht werden kann.
Geradezu um das Gegenteil von Glück ging es bei der nächsten Szene „Pitypoints“, einer Eigenproduktion der GMG-Mittelstufentheatergruppe von Claudia Ried. Der Titel ist gleichzeitig auch der Name einer Reality-TV-Show, in der sich alles um Mobbing dreht. Die immer wieder auftretende, zerstörerische Freude daran, Schwächere zu quälen, wird dabei in satirischer Weise gezeigt und in ihrer grausamen Wirkung entlarvt – beides, sowohl die Böswilligkeit als auch die heilsame Lehre, die aus dem Prozess gezogen werden soll, wirkten bereits recht überzeugend.
Nach der Pause begann die Mittel- und Oberstufe des Erasmus-Gymnasiums. Elisa Romfeld erarbeitet mit ihren Schülern frei nach einem Roman von William Sleator das Stück „Das Haus der Treppen“. In diesem seltsamen Gebäude sind eine Handvoll Jugendliche eingesperrt – ohne zu wissen, wie sie da hineingeraten sind. Mit der Zeit merken sie, dass sie wie Versuchskaninchen manipuliert werden, und dass sie sich gegen die lebensbedrohliche Lage irgendwie wehren müssen.
Auf andere Weise düster ist die Lage Oskars, eines zehnjährigen Jungen, der weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Nur seine Freundschaft mit der „Dame in Rosa“ hilft ihm durch die Einsamkeit, die für ihn so entsteht – und die Tatsache, dass er beginnt, auf ihren Rat hin jeden Tag einen Brief an den lieben Gott zu schreiben. Das scheint ihm zu Beginn ziemlich lächerlich, und doch lässt er sich darauf ein. Die Mädchen vom Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium spielten den Beginn von „Oskar und die Dame in Rosa“ mit berührender Intensität. Geleitet wird dieses Projekt von Grzegorz Szlanga und Peter Ringeisen.
Die Oberstufentheatergruppe des GMG unter der Spielleitung von Christoph Schulz präsentierte drei kurze Szenen aus ihrer Eigenproduktion „19 – 20“. Mit einprägsamen Bildern und ökonomischer Textreduktion zeichneten sie drei ganz unterschiedliche, bizarre Situationen: Krieg zwischen einem Staat und Rebellen, deren Kämpfer von zwei Geschwistern angeführt werden; ein Büro, dessen Angestellte nicht ahnen, dass sie in Kürze einer nuklearen Katastrophe zum Opfer fallen werden; eine Frau, die hin- und hergerissen ist zwischen ihrem Geliebten und ihrem (Ex-)Ehemann.
Hierauf trat die zweite Gruppe der DJD-Schulen auf. Ebenfalls von Peter Ringeisen inszeniert, wurde ein Teil aus dem Molière-Stück „Der Menschenfeind“ auf die Bühne gebracht. Vor allem die Auseinandersetzung zwischen dem Wahrheitsfanatiker Alceste und seiner Geliebten Celimène, die noch von vielen anderen umschwärmt wird, gelang den Schülerinnen der 11. Jahrgangsstufe lebhaft.
Den Schlusspunkt der Auftaktveranstaltung bildete ein moderner Klassiker: Max Frischs Stück „Andorra“ wurde von Schülerinnen und Schülern der Mittel- und Oberstufe unter der Regie von Nina Kohl aufpoliert. Die Beteuerungen der andorranischen Bürger, sie seien natürlich nicht schuld am Tod des (vermeintlichen) Juden Andri wurden unterstrichen durch das rituelle Aufsetzen einer Sonnenbrille – nichts gesehen haben, nicht gesehen werden wollen, so versuchen sie, individuelle Schuld von sich zu weisen.
Alle diese Theaterproduktionen machten neugierig auf die fertige Aufführung: Wie wird das alles im Ganzen wirken, wie wird es ausgehen? Die Termine und Spielorte sind dem Flyer des Kulturamts zu entnehmen sowie der Internetseite www.hostasxeng.de .
Peter Ringeisen (Spielleiter am DJDG)