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Skurrile Komödie zwingt am Ende zum Nachdenken

[09.03.2023/MRG] „Die Physiker“ – nach Friedrich Dürrenmatt

Annas riesiges Gesicht auf der Leinwand. Müde. Lustlos. Es war ein langer Schultag. Aber das Gesicht (intensiv: Anna Wendl) zeigt auch eine Spur Verzweiflung. Denn es soll noch ein Referat entstehen. Über diesen Dürrenmatt. Langweilig. Ist sicher schon hundert Jahre tot, der Typ. Und wie das Stück schon heißt. „Die Physiker“. Dazu ein staubtrockener Wikipedia-Artikel. Ermüdend. Besser erst gar nicht lesen. Letzter Notnagel: DIAZ fragen, die digitale Assistentin (Antonia Ströhl spielt DIAZ großartig kühl und abgeklärt). DIAZ nimmt die Aufgabe ernst und schafft eine virtuelle Welt.

Das Geschehen wechselt auf die Bühne. Die Schülerin, die eben noch am Referat arbeitete, wird von DIAZ durch das Stück geführt, mitten hinein in den Alltag einer Heilanstalt für schwer psychisch Kranke. Heute gab es einen Mord. Nein, Verzeihung. Die Oberschwestern (gestrenge Bewacherinnen: Jiayun Zou und Frederike Dötsch) müssen die Kriminalinspektoren immer wieder korrigieren. Es gibt zwar eine tote Krankenschwester. Erwürgt mit der Schnur der Stehlampe. Dienstbeflissen ermitteln das Emilia Rubenbauer als Gerichtsmedizinerin und Stella Decker als Polizistin. Aber der Täter ist verrückt. Hält sich für Einstein. Die Kriminaler (die spielfreudigen Nina Eules und Onyx Beha als sehr lässiges und schön zusammenspielendes Ermittlerduo) müssen es einsehen: Nicht schuldfähig. Also kein Mord. Sondern Verbleib des Täters in der Heilanstalt, bei den anderen verrückten Physikern: Ein weiterer Insasse ist als Newton verkleidet. Erzählt aber jedem, dass er nicht verrückt ist. Den Newton nur spielt. In Wirklichkeit sei er der einzig echte Einstein. Und hat ebenfalls eine Krankenschwester auf dem Gewissen. Man ahnt es: erwürgt, allerdings mit der Gardinenschnur. Dem dritten Physiker, Möbius, erscheint König Salomo (fürstliche Erscheinung als antiker Herrscher: Oscar Oeckl).

Skurrile Szenen folgen. Die Ex-Frau von Möbius (sehr intensiv gespielte Emotionen: Kathrin Liebl) mit ihren drei Buben tritt auf. Ein letzter Besuch, denn sie ist neu verheiratet mit einem salbungsvoll in Bibelversen sprechenden Missionar (diese groteske Figur wird sehr ausdrucksstark gestaltet von Michael Wiesnet, der später ebenso intensiv den brutalen Aufseher gibt). Die Buben (wunderbar brav: Pia Mutzbauer, Amelia Meissner, Emily Sprychel) spielen für ihren Vater ein letztes schräges Blockflötentrio. Möbius bleibt ungerührt. Lässt sich die Zukunftspläne der Buben erläutern. Theologie ist in Ordnung. Philosophie auch nicht schlecht. Aber seinem Jüngsten verbietet er eindringlich und plötzlich sehr emotional das Studium der Physik.

Schwester Monika liebt Möbius. Und hält ihn keineswegs für verrückt. Auch Möbius liebt sie. Und warnt sie. Aber sie lässt nicht locker, will mit ihm fliehen und ein neues Leben aufbauen. Nika Hüttner als Monika sowie Möbius zeigen uns hier ausdrucksvoll bewegende Gefühle. Aber natürlich muss auch Möbius die Krankenschwester, die er ernsthaft liebt, ins Jenseits befördern, um seine Tarnung nicht zu gefährden. Denn selbstverständlich sind die Physiker nicht verrückt. Newton (erst sehr elegant und stimmig als barocker Wissenschaftler in wunderbarem Kostüm und jetzt kühl und nüchtern als Geheimagent: Antonia Tessmann) und Einstein (Mik Bober spielt mit toller Einstein-Maske das müde Genie ebenso überzeugend wie den klaren Agenten) planen, den genialen Möbius aus der Anstalt in ihr jeweiliges Land zu bringen. Aber Möbius lehnt ab. In einer spannenden Diskussion, angereichert mit ein paar Pistolenduellen, gewinnt Möbius die anderen für seinen Vorschlag. Er hat zwar die legendäre Weltformel gefunden. Aber damit seine Ideen keinen Schaden anrichten, hat er den Weg ins Irrenhaus gewählt. Lia-Maline Müller spielt die Rolle(n) des Möbius sehr eindringlich, facettenreich und intensiv – ihr gelingt der Verrückte ebenso plausibel wie der Liebende und der ethische Denker, der sich aus der Welt zurückzieht, um die Welt zu retten. Die vernichtende Wirkung genialer Erfindungen von der Steinzeit bis heute sehen wir in einer rasanten Bildershow. Dank eines perfekten Technikteams klappt das wie auch die raffinierten Lichtwechsel wie am Schnürchen.

Möbius hat die Rechnung ohne die Leiterin der Anstalt gemacht. Sie hat die Aufzeichnungen seiner Theorien längst gestohlen. Als einzig wirklich Verrückte wird sie die Weltherrschaft an sich reißen. Nadja Rein zeigte uns lange überzeugend die verständnisvolle Beschützerin ihrer Verrückten – und jetzt ihren Wahnsinn.

Hier endet Dürrenmatts Stück. Und so möchte Anna sich aus der – immer noch virtuellen? – Realität abmelden. Aber DIAZ lockt sie: „Bleib doch noch ein wenig.“ Das Abmelden gelingt nicht. Und dann: „Niemand kommt hier lebend raus.“ Und Annas Schrei.

Was als unterhaltsame und skurrile Komödie begann, zwingt uns am Ende zum Nachdenken und erinnert uns an die Verantwortung, die jeder Einzelne trägt. Und daran, dass wir alle die Konflikte dieser Welt nicht hinter uns lassen können.

Viel Applaus für eine großartige Ensembleleistung des Oberstufentheaters des MRG und die bemerkenswerte Regiearbeit der Leiterin Simone Nimmerrichter.

Christoph Schulz
(Schultheaterleiter am Gregor-Mendel-Gymnasium)

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Magische Ereignisse – mit Lerneffekt

[05.07.2022/MRG] „Die verfluchte Schule“ von Stefanie Golkowsky

Die Unterstufen-Theatergruppe des Max-Reger-Gymnasiums unter der Leitung von Simone Nimmerrichter zeigte zunächst ein ganz normales Klassenzimmer in einer ganz normalen Schule: An den Stellwänden allerlei Informatives: Vorlesewettbewerb, Nachhilfeangebote, doch auch krasse Sprüche. Von „Ben ist sooo hot“ über „Schule ist nutzlos, man braucht nur Tik Tok“ bis hin zu „I laf Englisch“ erfährt man schon zu Beginn des Stücks, dass hier allerlei geboten ist.

Fotos von der Auftaktveranstaltung am 29.03.2022 im Stadttheater Amberg

Mit gruseliger Musik und einem Breakdance-Intro von übernatürlichen Wesen zeigt sich allerdings, dass es hier doch nicht ganz mit rechten Dingen zu geht: Minna (Pia Mutzbauer), etwas blass, aber grandios „untot“  geschminkt, hat genug davon, seit über hundert Jahren nur zu spuken, sie will gesehen werden, ein Handy, Döner und schicke Looks ausprobieren. Alma (Annika Schwagerl) und Erna (Amelia Meißner) sind davon alles andere als begeistert. Dass Minna auch noch nach neuen Freunden Ausschau halten will, quittieren sie mit „Du gemeines Bettlaken“ und anderen Fiesigkeiten. Nur das putzige Einhorn Dora (Lilli Sellin) will helfen, den Fluch, der auf ihnen allen lastet, zu brechen: unter der Voraussetzung, als lebendiges Wesen nur noch knallbunte Klamotten und pinkfarbene Schuhe zu tragen.

In der zweiten Szene tritt die supercoole Tussi Jenny (Franziska Dudek) mit ihrem ergebenen Hofstaat Romina (Johanna Aumiller) und Angelina (Noura Mouselli) auf, allesamt zu cool für langweiligen Geschichte- Unterricht bei Frau Weiß-Feierabend (sehr überzeugend in ihrer Rolle als Lehrerin: Victoria Zeltner). Zu dumm nur, dass diese die drei just in dem Moment erwischt, als sie verschwinden wollen und stellt der Klasse (haaaaa tschi) eine neue Schülerin vor. Mari Eleorore (Flora Binner) mit unaussprechlichem Familiennamen, die nicht weiß, an welchem Tag sie geboren ist, aber zum Erstaunen aller bereits die heutige Hausaufgabe erledigt hat, was an den magischen Fähigkeiten liegt, die sie schon als kleines Kind bei sich entdeckt hat. Ben (Anna Wendl, die den perfekten oberchefmäßigen Trotz-Boy mimt), ist erst Feuer und Flamme für die Neue, das anfängliche Interesse verwandelt sich aber schnell in Feindseligkeit, weil sie ihn keines Blickes würdigt. Nele (Frederike Dötsch) und Nora (Lena Zabel) dagegen bieten Mari an, ihr die Schule zu zeigen und warnen sie vor Ben, der schonmal ein Mädchen von der Schule gemobbt haben soll. Streberin Sabrina (Regina Sachsenhauser) ist skeptisch, ob die Neue in die Klasse passt. Und Frau Schönhaus (Hannes Lichtenegger) wartet mit einem Urteil erst einmal bis zur nächsten Deutschstunde (haaaaa tschi).

Als würde es nicht schon genug spuken, erscheinen noch drei fürchterliche Zombies (genial geschminkt und zombiemäßig zurechtgemacht: Anna Rauchenberger, Uliana Kiseleva und Alexandra Galiev), die nicht als Verwüstung hinterlassen und einen seltsam gefährlichen Geruch wahrnehmen, der so gar nichts von „Mensch“ hat. Bald erkennen sie auch warum: durch ihre magischen Fähigkeiten bricht Mari die Kraft der drei Zombies, als diese verhindern wollen, dass Mari Minna und Dora hilft, den Schulfluch zu durchbrechen. Mit Hilfe eines verschlüsselten Runen-Textes teilen die übernatürlichen Mädchen Mari mit, was sie zu tun hat: Gegenstände aus dem Keller holen und an den jeweiligen Platz im Klassenzimmer legen, auf dem die untoten Mädchen zu Lebzeiten saßen.

Als Mari sich im Keller auf die Suche macht, will Ben sie aufhalten, doch mit ihren Kräften setzt sie ihn nicht nur außer Gefecht, sondern erteilt ihm auch noch eine Lektion. Sie droht damit, allen anderen Schülern die Erinnerung an ihn zu nehmen. Damit trifft sie natürlich genau seinen wunden Punkt und er willigt ein, ihr nicht im Weg zu stehen. Als er sie fragt, warum sie ihn nicht einfach verhext, erwidert sie altklug-schnippisch: Wo bleibt denn da der Lerneffekt?

Nun wollen noch die Zombies in letzter Sekunde verhindern, dass Mari die Gegenstände – ein Kuscheltier, einen Horrorroman, sehr alte Kekse und einen Talisman – auf den richtigen Platz legen kann. Sie drehen die Zeit zurück und versuchen, Mari zu einer anderen Handlung zu bringen. Doch oh Schreck! Ihre Zauberkraft wirkt nicht, trotz mehrmaligem Drehen an der virtuellen Riesenuhr (super inszeniert: Eine Art Zurückspulen der Bewegungen, anschließend die gleiche Szene minimal verändert mehrmals wiederholt).

Ende gut, alles gut: Minna, Alma, Erna und Dora sind erlöst und wieder zu ganz normalen Mädchen geworden und gehen überglücklich auf die Suche nach der nächsten Dönerbude.

Sowohl Kostüme als auch Maske waren in diesem Stück höchst professionell und sehr detailreich angefertigt, die Texte witzig, authentisch und gekonnt vorgetragen. Alles in Allem bekam man eine kurzweilige, zuweilen rasante und intelligente Inszenierung geboten, die trotz des saunahaften Klimas im Zuschauerraum gefesselt und im wahrsten Sinne des Wortes begeistert hat.

Christine Kleinert, Spielleiterin am Gregor-Mendel-Gymnasium

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Was ist schon real?

[MRG, 12.05.2022] Alice im Anderland – frei nach Lewis Carroll

„Herzlich willkommen in der Reger’schen Nervenheilanstalt“. Unter diesem Motto fanden sich die zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauer am Donnerstag, den 12.5., im JUZ Klärwerk ein, um die Aufführung der Theatergruppe der Mittel- und Oberstufe des Max-Reger-Gymnasiums zu erleben. Die Gruppe präsentierte das Stück „Alice im Anderland“, das auf den ähnlich klingenden Roman von Lewis Caroll basiert. Das Publikum wurde von einem schlichten Bühnenbild aus weißen Pappquadern empfangen, die mit den unterschiedlichsten psychischen Ausnahmezuständen und Krankheiten beschriftet waren. Schnell wurde klar, um wen sich das Stück drehte – nämlich um Patientin 263, auch bekannt als Alice, die nach dem Feuertod ihrer Eltern in der Nervenheilanstalt gekommen war. Die junge Waise, leidenschaftlich und frech gespielt von Nadja Rein, zeigte nicht nur einen ausgeprägten Hang zu blauen Pillen, sondern auch einen starken Widerwillen gegen Autoritäten. Unterstützt wurde sie dabei von ihren ständigen Begleitungen – den Grinsekatzen. Onyx Beha und Michael Wiesnet bewegen sich mit herrlich katzenhafter Geschmeidigkeit durch den Raum, während sie Alice mit zahlreichen gutgemeinten Ratschlägen und Warnungen bedachten.

(Fotos: Von der Auftaktveranstaltung im Stadttheater/29.03.2022)

Das Personal der Nervenheilanstalt war ein bunter Reigen aus den unterschiedlichsten Charakteren. Während die neue Ärztin (überzeugend enthusiastisch: Kathrin Liebl) sich um das Wohl ihrer Schützlinge sorgte, waren dem erfahrenen Mediziner dort solch menschliche Empathien fremd. Jonas Zimmermann spielte den wunderbar gleichgültigen und abgebrühten Arzt, dem deutlich mehr an seinem Klebestift als seinen Patienten lag, mit mitreißender Gehässigkeit. Wirklich zum Fürchten allerdings waren das Pflegepersonal der Nachtschicht. Während der als Herzbube bekannte Pfleger, durchsetzungsstark gespielt von Nina Eules, die Insassen bei seinen Rundgängen mit dem Schlagstock in Angst und Schrecken versetzte, ging doch – wie bereits bei Caroll – die größte Gefahr von der Herzkönigin aus. Theaterprofi Hanna Schallmaier terrorisierte als Nachtschwester im knallroten Kleid und Lederhalsband hinreißend teuflisch ihre Station.

Derart unter Druck gesetzt war die Stimmung unter den Patientinnen und Patienten wenig hoffnungsvoll. Der Hutmacher im Militärlook (bedrückend traumatisiert: Antonia Tessmann), die Herzogin mit eingebildetem Kind (überzeugend ohne jeden Realitätsbezug: Jule Berger), der Koch (liebenswert verfressen: Oscar Öckl) und die abgedreht von Antonia Ströhl gespielte stets bekiffte Raupe glaubten eigentlich nicht mehr daran, dem Regime der Herzkönigin entkommen zu können. Auf Alices Initiative hin – no risk no fun – überredeten sie aber schließlich doch das von Lia Maline Müller bezaubernd schreckhaft gespielte Kaninchen, heimlich die Schlüssel der Tyrannin zu entwenden. Als diese Aktion katastrophal misslang, kam es zum Showdown: Alice kämpfte, nun aber nicht mehr gegen Herzbube oder Herzkönigin, sondern gegen ihre eigenen Dämonen, und setzte schließlich in ihrem Wahn die Anstalt in Brand.

Spannend für das Publikum waren neben der Handlung selbst auch die Präsentationen verschiedenster psychischer Störungen wie PTBS, Paranoia, Depression und Schizophrenie, die vom „Ärtzeteam“ in kleinen Kurzvorträgen vorgestellt wurden.

Ein zusätzliches Highlight waren die beiden Gastschüler Patrick Ye und Vojtech Brodsky, die als Lakai und Erzähler das Publikum durch ihr punktuelles witziges Auftreten immer wieder zum Schmunzeln brachten.

Wer im Grunde verrückter war in dieser Reger’schen Nervenheilanstalt (das Personal oder die Insassen) oder was oder wer wirklich real war oder nicht, das blieb am Ende offen. Aber dem Publikum war das nur Recht, und es spendete begeistert und großzügig Applaus.

Claudia Ried, Spielleiterin am Gregor-Mendel-Gymnasium

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Küssen leicht gemacht

[MRG, 04.07.2019] „Küssen verboten?“ – Nicht am Max-Reger-Gymnasium. Dort zeigte die Unterstufentheatergruppe unter der Leitung von Gabi Biehler am vergangenen Donnerstagabend in ihrem Stück „Die Kusskrise – Ritter, Räuber und Randale“, wie man sich am besten aufs Küssen vorbereitet.

Zuvor hatten einige ältere Theaterschülerinnen aus Nina Kohls Theatergruppe das Publikum bereits gekonnt mit einem witzigen Sketch nach James Krüss aufgewärmt – auch wenn das zumindest körperlich im Theaterraum im vierten Stock kaum nötig war… In unterhaltsamer Reimform zeigten die fünf Schauspielerinnen, wie rasch aus Hörensagen ein handfestes Gerücht entstehen kann und ermunterten ihre Zuschauer, Klatsch und Tratsch doch zu unterlassen.

„Die Kusskrise“ selbst beginnt mit der überglücklichen Corinna (beschwingt gespielt von Louisa Birkel), die im Theaterstück ihrer Klasse die Hauptrolle der Prinzessin ergattert hat. Auch ihre Mutter ist begeistert. Nachdem die von Maria Käding überzeugend gespielte Mutter ihrem Mann (hochmotiviert: Jonas Zimmermann) diese erfreuliche Neuigkeit mitgeteilt hat, erhält die Begeisterung der stolzen Eltern leider einen jähen Dämpfer: Der pfiffige Sohnemann teilt ihnen mit, dass Corinna in der letzten Szene des Stück den Mädchenschreck Ricardo würde küssen müssen. Die Entrüstung der Eltern ist umso größer, als sie in Ricardo den Sohn ihres Erzfeindes erkennen. Gekrönt wird diese Szene durch Oscar Oeckls amüsante Darstellung brüderlicher Schadenfreude. Rasch wird von den Eltern nach einer Lösung gesucht. Doch weder die elterlichen Ermahnungen, noch die (mehr oder weniger) gutgemeinten telefonischen Ratschläge einiger Freundinnen können Corinna aus der Fassung bringen. Sie ist eben durch und durch Schauspielerin – und auf der Bühne wird eben auch geküsst.

Diese Erfahrungen machen auch ihre Mitschauspielerinnen (Lina Lunz, Frederike Dötsch, Anna Lehmeier, Greta Reber, Elizaveta Kulka, Marlen Zehetbauer und Emily Henderson), als der Theaterlehrer (Bucky Bober) ihnen mitteilt, ihre Rolle würde es erfordern, jeweils einen der sieben Knappen zu küssen. In ihrer Unerfahrenheit und Panik wenden sie sich an die erfahrene Bettina (cool: Franziska Müller). Diese führt sie – zur Belustigung des Publikums – auf sehr kreative Weise in die Kunst des Küssens ein.

Am Ende muss Corinna natürlich doch nicht den Mädchenschreck küssen, da dieser überraschend an Windpocken erkrankte. Stattdessen steht ihr nun in der Endszene ihr persönlicher Schwarm (sympathisch und mit einem Augenzwinkern verkörpert durch Maximilian Büttner) gegenüber.

Dass die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler sich nun allesamt wie zuvor befürchtet in „küsswütige Teenager“ verwandelt hatten, war nicht zu beobachten. Stattdessen überzeugte die Gruppe (zu der auch Xaver Müller gehörte) durch peppige Dialoge und spannende Einlagen wie einem Rap, großer Gestik, einer skurrilen Radiosendung und wechselnden Spielorten. Entsprechend erhielt das Stück starken Applaus aus dem vollbesetzten Zuschauerraum und Gabi Biehler von ihren Schützlingen zum Dank statt weiteren Küsschen einen riesigen Blumenstrauß.

Claudia Ried 
(Spielleiterin am Gregor-Mendel-Gymnasium)

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Gelungene Inszenierung: „Andorra“

[MRG, 21.03.2019] Das Drama „Andorra“ von Max Frisch wurde von der Theatergruppe des Max Reger Gymnasiums ausdrucksstark, wort- und stimmgewaltig umgesetzt. Hier konnte man großartige Talente entdecken, die mit Spielfreude, Einfühlungsvermögen und großem Engagement eine durchweg gelungene Inszenierung schufen.

Ein weißes Andorra, das ist das Ziel von Barblin und ihren andorranischen Mitbürgern.

Zu Ehren des kommenden St.-Georg-Tages weißeln sie ihre Hausfassaden, Barblin weißelt und singt dazu in feinen Tönen (durchweg überzeugend dargestellt von Hanna Schallmaier).  Dass etwas in der Luft hängt, eine „heiße Stille“, wie es der Pater (Lea Eckert) ausdrückt, die Gefahr eines Einmarschs durch ein judenfeindliches Nachbarland, wollen zunächst nicht alle wahrnehmen, aber die düsteren Glockenschläge steigern die unheilvolle Stimmung bis zu einem tödlichen Ende.

Eine reduzierte Kulisse lenkte den Fokus auf die Entwicklung jeder einzelnen Figur, vom Lehrer, Barblins Vater, der von Alexandra Schwartz leidenschaftlich umgesetzt wurde, bis zu   Hochwürden, der als einziger zwar seine Verantwortung einsieht, aber letztendlich doch schweigt, als es auf ihn ankommt. Auch beim  Amtsarzt (Caroline Wellnhofer, deren rollendes „R“  beängstigend einen unwohl bekannten  Judenhasser aufscheinen ließ) spürte man deutlich, mit wie viel Leidenschaft und Begeisterung die Rolle umgesetzt wurde.

Das Geschehen wurde durchweg begleitet von Jemand (Antonia Tessmann), dessen Stimmungen absichtlich nicht zur jeweiligen Situation passten oder dessen kommentarloser Kommentar Unbehagen und leise Scham bei den Akteuren weckte.

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Schuld sind wir alle nicht – da sind sich die Andorraner sicher.

Der Wirt und die Wirtin (sicher und ausdrucksstark Nina Eules und Nadja Rein) rühmen sich zunächst noch, den vermeintlichen Juden Andri (sensibel umgesetzt von Luca Adams) bei sich als Küchenjungen angestellt zu haben. Als er von zwei betrunkenen Soldaten (die voll aufgingen in ihrer Rolle und zunächst pöbelnd durch das Publikum wankten: Daniel Gast und Silas Klemm)niedergeschlagen wird, rühren sie keinen Finger, um ihm zu helfen, sondern belehren ihn noch, sich als Jude halt nicht mit den Andorranern anzulegen. Später wird Andri ohne Beweise beschuldigt, mit einem Stein eine Ausländerin (sehr vornehm und unglaublich elegant : Jana Zinnbauer) getötet zu haben. Wirt und Wirtin sind die ersten, die mit dem Finger auf ihn zeigen.

Beim Tischler (Lia- Maline Müller) macht er später eine Lehre. Dieser übergeht mit dreister Überheblichkeit, dass der perfekt gezimmerte Stuhl von Andri stammt, während der zu Unrecht gelobte Geselle (Jule Berger), der vorher noch seine tiefe Zuneigung zu Andri beteuert hatte, nicht den Schneid aufbringt, dem Chef zu widersprechen.

So wird in verschiedenen Szenen deutlich, wie Worte und Taten der Andorraner weit auseinander klaffen: wenn es darauf ankommt, für Andri einzustehen, kneifen fast alle. Beteuerungen, sie seien natürlich nicht Schuld an der Ermordung des vermeintlichen Juden, werden  unterstrichen mit dem rituellen Aufsetzen einer dunklen Sonnenbrille und der stetigen Wiederholung: Ich bin nicht schuld! Wir sind nicht schuld! Am deutlichsten offenbart der Amtsarzt seine Haltung: „Sie müssen nicht jederman erzählen, was Sie mit eigenen Augen gesehen haben!“

Die Wahrheit kann bald nicht mehr länger verborgen werden, aber niemand vermag es, aus seiner Rolle zu entweichen: Andri kann nicht akzeptieren, dass die Geschichte, er sein ein Jude, eine Erfindung seines leiblichen Vaters ist: „Wie viele Wahrheiten habt ihr?“

Barblin, die er heiraten wollte, versucht verzweifelt, ihm verständlich zu machen, dass er ihr Bruder ist und deshalb Verlobung und Heirat ausgeschlossen sind. Doch er ist bereits so tief verbittert vom Verhalten und Verrat all seiner Mitmenschen, dass er darin nicht Barblins Liebe, sondern ebenfalls Abscheu vor dem Juden erkennen will.

Beim feindlichen Einmarsch flehen Vater, Mutter (Ntania Kalliga) und Barblin ihre Mitbürger vergeblich an, die Wahrheit zu sagen und sich damit hinter Andri zu stellen. Als der Judenschauer kommt, der „es an den Füßen sieht“, weshalb alle Andorraner die Schuhe ausziehen und mit gruseligen, schwarzen Maske aus Plastiktüten marschieren müssen, ist jeder nur noch darauf bedacht, seine eigenen Haut zu retten. Obwohl sie inzwischen wissen, dass Andri der leibliche Sohn des Lehrers ist und damit Barblins Bruder, also „einer von ihnen“, rücken sie nicht von ihrem Vorurteil ab, überlassen ihn seinen Mördern. „Ich bin nicht schuld! Wir sind nicht schuld!“

In der letzten Szene irrt Barblin von Sinnen umher, das Haar nun als Zeichen der „Judenhure“ geschoren, wieder mit ihrem Eimer weißer Farbe und weißelt jedes Haus und jeden Menschen, der ihr begegnet. „Warum geht ihr nicht heim und hängt euch auf wie mein Vater! Ich weißle und weißle…“ und die weiße Farbe mischt sich mit dem Blut ihrer verlorenen Liebe…

Christine Kleinert, Spielleiterin am GMG

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MRG: „Der Besuch der alten Dame“

[MRG, 19.04.2018] Einmal reich sein. Davon träumen viele Menschen. So auch die Bürger der Stadt Güllen. Früher ist alles besser gewesen, darüber sind sich die Stadtbewohner (überzeugend: Samara Stapler, Nina Ringer, Nadja Rein und Paula Keppler) einig. Mittlerweile ist der Pfändungsbeamte (authentisch gespielt: Greta Reber) ein unbeliebter Dauergast in dem verarmten Nest. Hoffnung geweckt wird durch die Ankündigung des Besuchs der Milliardärin Claire Zachanassian (überragend und brillant gespielt von Julia Wenkmann), einer ehemaligen Bürgerin. Nicht nur die Stadtbürger, sondern auch der Bürgermeister (hervorragend: Lea Eckert), die Lehrerin (mitreißend dargestellt von Jana Zinnbauer), der Pfarrer (lebendig: Alexandra Schwarz) und ihr ehemaliger Geliebter Alfred Ill (ausdrucksstark: Silas Klemm) planen eifrig einen angemessenen Empfang. Helle Aufregung macht sich breit, als der Schnellzug außerplanmäßig in der Stadt hält. Schon bald jedoch schlägt die mit dem Aufenthalt verbundene Hoffnung in Verwunderung über das merkwürdige Verhalten der Milliardärin um. Nach dem Motto „Geld regiert die Welt“ tritt sie als männerverbrauchende, machthungrige und rachsüchtige Schicksalsgöttin auf. Zum Erstaunen aller hat sie nicht nur einen mit Geld um sich werfenden Butler (überzeugend: Lia-Maline Müller), sondern auch, wie es alltäglich ist, einen Sarg im Gepäck.

Ja, durch Alfred Ills Hilfe soll alles in Güllen besser werden, denn in ihm ruht die Hoffnung darauf, dass die Milliardärin den Glanz der guten alten Zeit in die Stadt zurückbringt. Hat er es doch vor 45 Jahren auch geschafft, sie um den Finger zu wickeln. Doch das gemeinsame Schwelgen Claires und Alfreds in Erinnerungen schlägt bald um. Freut sich Alfred noch über das versprochene Geld, wird er bald von seiner Vergangenheit eingeholt. Die junge Claire ist damals von ihrer Jugendliebe Alfred Ill schwanger geworden, jedoch hat dieser vor Gericht die Vaterschaft verleugnet. Gedemütigt und verarmt hat die Frau daraufhin Güllen verlassen und ihr Glück in der großen, weiten Welt gesucht. Claire ist nun durchaus bereit, ihrer Heimatstadt mit einer Milliarde unter die Arme zu greifen mit der Absicht, sich damit Gerechtigkeit zu erkaufen. Doch stellt sie eine unmoralische Bedingung: Die Stadt erhält das Geld nur, wenn jemand Alfred Ill tötet. Die Bürger reagieren, wie man es erwartet, zunächst mit großer Empörung. Jedoch zeigt sich, dass die Güllener nach und nach von dem verlockenden Reichtum verführt werden und Verständnis für Zachanassians Plan zeigen. Nicht nur die Polizistin kauft sich blaue Schuhe (ausdrucksstark: Hanna Schallmeier), der Pfarrer investiert in eine neue Kirchenglocke und Ills Frau (überzeugend: Laura Taller) modernisiert den Krämerladen. Nun scheint all dies auf Kredit möglich zu sein. Jeder möchte von dem Kuchen ein Stück abhaben, aber niemand möchte sich seine Finger schmutzig machen und den dafür notwendigen Mord begehen. Es folgt eine verdeckte Hetzjagd, symbolisiert durch anonymisierende weiße Masken, auf den misstrauischen Ill, der bei jedem Anzeichen des Wohlstandes den nahenden Tod spürt und die Hoffnung auf Rettung schließlich aufgibt. Selbst die Presse (gekonnt: Maximilian Maier) zeigt Interesse für die merkwürdigen Geschehnisse in dieser verkommenen Stadt. Verurteilt bei einer Bürgerversammlung, stirbt Alfred Ill. War es ein Gemeinschaftsmord oder war der Herzstillstand eine Folge des Stresses? Die Interpretation ist dem Zuschauer selbst überlassen.

Der Theatergruppe des Max-Reger-Gymnasium unter der Leitung von Bianca Rauchenberger und Nina Kohl gelang mit ihrem wunderbaren und flott gespielten Stück, bei dem die Mitwirkenden offensichtlich große Spielfreude und Engagement zeigten, eine moderne Umsetzung von Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“. Die dargestellte Thematik, welche Macht das Geld über die Gesellschaft und den einzelnen Menschen hat, ist nach wie vor aktuell und regt den Zuschauer zum Nachdenken an. Die Schauspieler, tatkräftig unterstützt durch die Regieassistentin Magdalena Probst und die Techniker Katharina Wenkmann und Johannes Trummer, verkörperten ihre Rollen überzeugend und wuchsen über sich hinaus.

Katharina Augustin und Brigitte Bodensteiner, Spielleiterinnen/FXvS-RS

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„Wie sieht das Gespenst denn aus?“ – „Na, tot!“

[MRG, 01.06.2017] Am 01. Juni 2017 präsentierte die Theatergruppe der Unterstufe des Max-Reger-Gymnasiums unter der Leitung von Diana Schneider und Gabi Biehler  ihr Stück „Das Gespenst von Canterville“.

Bei einer Schlossführung (frech: Paula Keppler und Samara Stamper, aufmerksam und selbstbewusst als ältere Lady: Nadja Rein) entschließt sich der amerikanische Botschafter Harold Otis (geschäftstüchtig: Lilly Zolling), dieses Schmuckstück -inklusive Geist, das gehört zum Vertrag- zu erwerben.

Die abgeklärte Familie von Mr. Otis zieht also in das neu erworbene, altehrwürdige, englische Haus- „Schloss!“- „Bunker!!“- „Gruft!!!“- wobei die Begeisterung bei den unterschiedlichen Familienmitgliedern unterschiedlich ausfällt.

Eins aber ist klar: Amerikaner lassen sich nicht so schnell einschüchtern, schon gar nicht von den schaurigen Geschichten des alternden Lord Canterville (durchweg überzeugend: Max Daller). Abgebrüht und unerschröcklich inspizieren die an Frechheit nicht zu überbietenden, selbsternannten „Ghostbusters“ Jerry und Tom (Maximilian Hüttner und Adrian Wiens) den alten Kasten, um es den angeblich hier hausenden Gespenstern so richtig zu zeigen.

Tochter Virginia (einfühlsam und  anspruchsvoll: Hanna Schallmaier), ohne WLAN und Einkaufsmöglichkeiten, sieht schon die Schlagzeilen der Boulevardpresse vor sich: „Amerikaner verblöden in Einöde!“, während Washington, kurz „Wash“ (supersicher und obercool:  Phillipp Schötz) angesichts des sich erneuernden Blutflecks gelassen bleibt und die Lage zu jeder Zeit überblickt: „Keine Sorge- Mum kriegt alles sauber“.

Mrs. Otis macht sich umgehend ans Putzen (hervorragend in Szene gesetzt von Lotte Greiner), während Mrs. Umney, die Haushälterin dringend davor warnt, dadurch den Geist von Sir Simon (ist er ein echtes Gespenst oder ein brillianter Schauspieler?) zu erzürnen. Nicht nur einmal fällt sie vor Furcht in Ohnmacht (wirklich gekonnt: Steffi Stigler).

Aber die Eindringlinge lassen sich auch nicht beeindrucken, als der Geist in verzweifelter Not, sie wieder loszuwerden alle Register zieht und sich zeigt: „Wie sieht das Gespenst denn aus?“- „Na tot!“

Mr. Otis, pragmatischer Geschäftsmann, bietet nicht nur der Haushälterin eine Gehaltserhöhung zur Nervenberuhigung an, sondern versucht auch Sir Simon mit einer Abfindung zu bewegen, das Schloss zu verlassen, und hat obendrein für die quietschenden Gelenke „Antikal“ parat. Doch das Gespenst hat dafür nichts als gesteigerte Empörung übrig: „Ihr Pack, ihr Zweifler, ihr… Lebenden!“

Das Blatt wendet sich erst, als Virginia (in Nachthemd und Einhorn- Kuschel- Pantoffeln!) des Nachts auf Sir Simon trifft, Mitleid mit ihm und seiner untoten Situation hat und ihm ins Totenreich folgt, um ihn mit Hilfe einer alten Prophezeiung und einem Gebet erlöst.

Derweilen sucht die Familie aufgelöst nach dem Mädchen und muss sich letztendlich überzeugen lassen, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als man begreifen kann: „Echte Gespenster- außenpolitisch eine Katastrophe!!“ stellt Mr. Otis konsterniert fest.

Der Gespenstertanz, dem Virginia im Totenreich beiwohnt, ist in Worte kaum zu fassen- mit Schwarzlicht und Nebel wird eine wahrhaft „geistvolle“ Stimmung erzeugt, die man gesehen haben muss! Einen großen Zwischenapplaus (der nicht der einzige blieb) gab es hier für die Gespenster Michael Braun, Max Daller, Katharina Filin, Lina Lunz, Lia-Maline Müller, Greta Reber, Nina Ringer, Selina Uschold und Jule Berger.

Am Ende führen diese lieben Geister Virginia wieder zurück zu ihrer Familie. Kaum ist der Schock über ihr Verschwinden verwunden und die Erleichterung verflogen, kommt die nüchterne Erkenntnis von Wash:“Meine Schwester ist eine Killerin!“, da sie „den Untoten mit einem Gebet getötet“ hat.

Last but not least sei noch das außergewöhnliche Bühnenbild erwähnt, das mit beleuchteten Scherenschnittkartons (Kerzen-, Bücher-, Uhr-Motive) die Stimmung des Schlosses eindrücklich zur Geltung brachte.

Fazit:  Das Gespenst von Canterville schaffte es, dass sich  am Ende diese „lebendigen“ Amerikaner mächtig gruselten und das „echte“ Publikum spendete anhaltenden Applaus – ein voller Erfolg!

Christine Kleinert, GMG

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Vor Gott sind alle Menschen gleich

[MRG, 30.03.2017] Wo fünf hübsche junge Frauen über einen Mr Darcy herziehen, da kann Jane Austen nicht weit sein. Am Max-Reger-Gymnasium ließ sich die ehrwürdige englische Autorin sogar persönlich blicken und führte das Publikum in Gestalt von Julia Wenkmann charmant und mit einem Augenzwinkern durch die Bühnenversion ihres romantischen Klassikers „Stolz und Vorurteil“.

Mr Bennet (Nathalie Hartung) ist vom Schicksal gestraft: Als Vater von fünf Töchtern fehlt ihm nicht nur ein männlicher Erbe, er muss sich auch noch mit einer hysterischen Ehefrau herumschlagen. Judith Mitschke spielt die egozentrische Mrs Bennett so spritzig und flott, dass man ihr unbedingt Erfolg bei ihrer Suche nach wohlhabenden Schwiegersöhnen wünscht. Ein Kandidat für ihre hübsche Älteste (Elisa Schuth) scheint in dem neuen Nachbarn Mr Bingey (Sophie Nibler) bald gefunden, doch ehe die beiden herzensguten Menschen zueinander finden, müssen noch einige Hindernisse überwunden werden.

Nicht zuletzt sorgt die schöne, aber recht laszive und sehr oberflächliche jüngste Tochter Lydia (Catarina Ferreira) für Wirbel, als sie Hals über Kopf mit dem Taugenichts Mr. Wickham (Fabian Gehring) durchbrennt. Ihre von Johanna Wiesner herrlich naiv und erfrischend fröhlich gespielte Schwester Kitty hatte trotz ihrer Nähe zu Lydia natürlich von all dem keine Ahnung. Während die Familie ihr Unglück kaum fassen kann, trumpft Tochter Mary (wunderbar altklug: Jana Zinnbauer) mit unerwünschten frommen Sprüchen auf.

Helfen kann in dieser heiklen Lage nur einer: Der von allen verhasste stolze Mr Darcy. Selina Klatt gelingt es ausgezeichnet, den abweisenden und doch ausgesprochen ehrenwerten Charakter des reichen Mr Darcys herauszustellen. In seiner anfangs erfolglosen Werbung um die kluge Lizzy Bennett bangt und hadert das Publikum mit ihm. Mit sehr viel Gefühl und Temperament stellt sich Lisa-Marie Brüning diesem komplizierten Mann entgegen. Während sie einerseits sein Verhalten zutiefst missbilligt, kann sie sich andererseits nicht einer intellektuellen und romantischen Anziehung zu ihm entziehen. Als sie schließlich begreift, wie sehr sie ihn verkannt hat, ist es beinahe zu spät.

Doch Jane Austen wäre nicht Jane Austen, würde sie ihre Helden nicht am Ende zu einem wundervollen Happy-End führen. Und dieses kann nicht einmal die von Nina Lehner wundervoll streng und selbstgerecht verkörperte Mrs de Bourgh verhindern, die Lizzy partout nicht an der Seite ihres Neffen, sondern ihn lieber mit ihrer eigenen Tochter (Laura Taller) verheiratet sehen will.

Sehr nahe an der Vorlage und dennoch mit vielen modernen Elementen zauberten die jungen Schauspieler der 9. bis 12. Jahrgangstufe ein kurzweiliges Stück auf die Bühne, das auch mit vielen liebenswerten Details überraschte. So war Niklas Ciriacy als Caroline Bingley im kleinen Schwarzen und Glitzerpumps ein absoluter Blickfang. Und der herrlich unsympathische und von sich selbst überaus überzeugte Mr Collins (Silas Klemm) erheiterte das Publikum mit seinem ausgesprochen witzigen Sprachfehler. Da verlor man fast schon das Mitgefühl mit Lizzys altjüngferlicher Freundin Charlotte (wunderbar pragmatisch: Lea Eckert), die sich schließlich als Mrs Collins wiederfindet.

Höhepunkte des Stücks waren vor allem auch die Auftritte der Bediensteten Jane. Luca Adams spielte die schnippische junge Frau mit der leicht vulgären und schlichten Sprache unglaublich überzeugend und amüsant. Ihre spitzbübischen Erkenntnisse wie „vor Gott sind alle Menschen gleich, aber man merkt es nicht so“ brachten einen Hauch Oscar Wilde in Jane Austens romantische Welt – und das Publikum regemäßig zum Schmunzeln.

Mehrere Tanzeinlagen, ein gefühlvoller Sologesang und aufwendig gestaltete Kulissen rundeten den von den Schulspielleiterinnen Bianca Rauchenberger und Nina Kohl inszenierten gelungenen Theaterabend ab. Jane Austen wäre stolz gewesen.

Claudia Ried, GMG

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„Peter Pan: Gerne wieder Kind sein“

[MRG, 30.06.2016]   Alle Kinder wollen auf der Bühne den Peter Pan spielen und niemand Captain Hook? Ein Glück für alle Zuschauer des Theaterstücks „Peter Pan“ im Max-Reger-Gymnasium, dass Luca Adams sich nicht an diese Regel halten wollte und Peter Pans fiesen Erzfeind mit viel Schwung und allerschönster Hinterlist spielte.

Mit Silas Klemm als spitzbübischen Charmeur war jedoch auch die Titelrolle wunderbar besetzt. Gemeinsam mit seiner zwar schweigsamen, aber zuckersüßen Tinkerbell (Magdalena Fuchs) holt er sich die drei Darling-Kinder nach Nimmerland, um sie seinen verlorenen Jungen (spritzig: Phillip Schötz, Stephanie Stiegler, Lotte Kreiner, Hanna Schallmeier) vorzustellen.

Getreu der berühmten Geschichte haben in Peters Abwesenheit Hooks Piraten die Häuptlingstochter Tigerlilly (Laura Taller) entführt. Doch Peter Pan gelingt es mühelos, den überforderten Piraten (allen voran herrlich einfältig: Fabian Gehring) ihre Gefangene wieder abzuluchsen. Als es Hook schließlich auch noch misslingt, die „Mutter“ Wendy (liebenswert und souverän gespielt von Johanna Wiesner) für sich zu gewinnen, kommt es zum letzten großen Kampf zwischen ihm und Peter Pan. Inzwischen haben allerdings Wendys Brüder John (wie dem Disneyfilm entstiegen: Elena Eikam) und Michael (Michael Braun als unerschrockenes Nesthäkchen) die verlorenen Jungen mit ihrem Heimweh angesteckt.

Als rührender Abschluss werden die Jungen zuhause in London von Mr Darling (außergewöhnlich ausdrucksstark: Hanna Schallmeier) und dessen liebevoller Frau (Charlotte Singer) adoptiert – und haben, wie auch die leiblichen Darling-Kinder, fortan in Hund Nana (Nazli Alizada) ein originelles und fürsorgliches Kindermädchen.

Die Erzählerin Lea Eckert führte die Zuschauer mit einem Augenzwinkern durch dieses Theaterabenteuer, während ihre Schauspielkollegen in professionellem Freeze lebendige Bilder zauberten. Kunterbunt, witzig und ausgesprochen vielfältig war das Kunstwerk, das die Theatergruppe der Unter- und Mittelstufe unter der Leitung von Nina Kohl und Gabriele Biehler da auf die Bühne brachte. Zusätzlich bereichert wurde das Stück durch das wirklich einmalige Bühnenbild, das die Spannung auf die nächste Szene nur noch weiter steigerte. Abwechslungsreich untermalt von Tanz und Musik überzeugten die 23 jungen Schauspieler (in weiteren Rollen: Johanna von Platen, Greta Reber, Jule Berger, Lia-Maline Müller, Nadja Rein, Katharina Filin und Nina Ringer) mühelos ihr Publikum und ernteten minutenlangen Applaus. Ein ausgesprochen amüsanter und kurzweiliger Theaterabend, der in vielen Anwesenden die Sehnsucht nach ein bisschen mehr Kind-sein weckte.

Claudia Ried

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„Verdammt gut!“

Die Ober—und Unterstufentheatergruppen des Max-Reger-Gymnasiums begeisterten gemeinsam ihr Publikum mit dem Stück „Alice im Wunderland“.

[MRG, 14.04.2016]   Angelehnt an das Original wurde die Eigenproduktion von den beiden Regisseurinnen Bianca Rauchenberger und Diana Schneider in die heutige Schulwelt verlegt. Eine Privatschule wird mit strenger Hand von der herrischen Direktorin (die Herzkönigin, Katharina Schricker) und ihrer untergebenen Sekretärin Frau Kreuz (die Kreuzdame, Nina Lehner) regiert. Laufen, Ballspielen und Widersprechen sind strengstens verboten und werden mit drakonischen Strafen geahndet. Dies hat der vorlaute und rebellische Schüler Gilgin Sapka (der verrückte Hutmacher, Niclas Ciriacy-Wantrup) bereits mehrmals am eigenen Leib erfahren müssen. Bei einem nochmaligen Verstoß gegen die Regeln der fiesen Direktorin droht ihm sogar der Verweis von der Schule. Gilgin freundet sich mit der neuen Schülerin Alice (Nicole Dreher) an, die sich ebenfalls nicht mit den rauen Erziehungsmethoden der Schulleitung anfreunden kann.

Auch Lehrer wie der sanftmütige und gutmütige Kunstlehrer König (der Herzkönig, Judith Mitschke) und die etwas zerstreute Chemielehrerin Frau Raupe (Absolem) kuschen vor der machtgierigen Frau König. Bedingungslos führt der von einer multiplen Persönlichkeitsstörung betroffene Hausmeister Dusel (Dideldum und Dideldei, Lisa-Marie Brüning) die Anordnungen seiner Chefin aus.

Alice folgt eines Tages heimlich ihren Mitschülern durch ein Tor in eine fremde Welt, in der sie den Figuren aus ihrer Schule wieder begegnet. Auf ihrem gefährlichen Weg durch das Wunderland wird Alice von der Grinsekatze (Sophie Niebler) und Absolem, einer Wasserpfeife rauchenden Raupe geleitet.

Das Mädchen muss sich auf einer Teeparty mit dem dem verrückten Hutmacher, dem dauerkichernden Märzhasen (Selina Klatt), der schüchternen Haselmaus (Elisa Schuth) und dem weißen Kaninchen ärgern. Der Hutmacher gibt sich als Alice aus und wird von den Soldaten der Herzkönigin (Lia-Maline Müller, Greta Reber, Sophia Cordts, Jule Berger, Nadja Rein, Katharina Filin) gefangen genommen. Wie in der Romanvorlage droht dem Hutmacher das allseits bekannte: „Kopf ab!“. Nur Alice kann ihm noch helfen, in dem sie den mächtigen Jabberwocky besiegt. Natürlich gelingt ihr dies und der verrückte Hutmacher ist gerettet.

Zurück in der normalen Welt kann Alice ihre Mitschüler dazu motivieren, sich gegen die Direktorin Frau König aufzulehnen. Diese gibt auf und dankt ab. Nun können die Schüler ihren Gedanken und Gefühlen freien Lauf lassen.

Den Zuschauern bot sich ein vergnüglicher und kurzweiliger Theaterabend. Die Szenen aus dem Schulalltag wurden gekonnt auf die Spitze getrieben und rissen das Publikum immer wieder zu Lachern hin. Allen voran die Figuren des Schülers Karl Nickl (der weiße Hase) und des Hausmeisters Dusel sorgten für Heiterkeit. Die jungen Akteure zeigten allesamt schauspielerisches Talent und Wandlungsfähigkeit. Um den Theaterabend kurz zusammenzufassen, möchte ich meinen Sitznachbarn zitieren, der die Vorstellung mit den Worten: „Verdammt gut!“ kommentierte.

Maria Treml-Paskowski

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