Monatsarchiv: März 2012

Audienz bei DJD-Königinnen

Nach dem gelungenen Auftakt der Schultheatertage des Max-Reger-Gymnasiums gaben die „Königinnen“ des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums eine fesselnde und kurzweilige Audienz. Die royalen Schülerinnen der 10.-12. Jahrgangsstufe umrankten das Kernstück „Königinnen von Frankreich“ von Thornton Wilder in einzigartiger Weise mit selbstgeschriebenen, getanzten und gesungenen Szenen und verwoben so die immer gegenwärtigen Kernthemen unserer Welt wie Macht, Neid, Liebe, Zeit, Träume, Veränderung, Politik, Befreiung, Erfolg, Niederlage und natürlich die Stärken der Frau.

Zum Auftakt begrüßte immer graziös monarchisch und meist wohlwollend jede Königin persönlich ihr Publikum in ihrem Festsaal. So setzten sie gleich zu Beginn ein geballtes prunkvolles Statement. In einem fesselnden Tempo brachten anschließend kompakte exemplarische Situationen wie „Das Wiedersehen“, „Gespräche“, „Erfolg“ und „Die Rolle der Gefühle“ der fiktiven Figur „Herr K.“ von Bertolt Brecht den Zuschauer zum Nachdenken und bescherten meistens einen Aha-Effekt.

Dazwischen platzierten sie gekonnt verschiedene etwas längere Szenen wie die Ballade „Die Goldgräber“ von Emmanuel Geibel. Die Zuschauer tauchten sofort ein in die Welt von drei Schatzsuchern, deren Zusammenhalt zunächst von ihrer gemeinsamen sinnlos erscheinenden Suche und den gemeinsamen Träumen und Wünschen bestärkt ist, in denen jedoch auch ausnahmslos Hinterlist und Egoismus erwachen, als sie ans Ziel ihrer Suche gelangen und einen goldenen Schatz finden. So stellten die Schülerinnen die Frage: „Welcher Schatz ist eigentlich am wertvollsten und macht unser Leben königlich?“

Anschließend überzeugten Marie Siegert und Sarina Wagner gesanglich mit ihrer Interpretation von „Wenn ich tanzen will“ aus dem Musical „Elisabeth“, begleitet von Katharina Bäumler am Klavier. Sie zogen die Zuschauer in ihren Bann und unterstrichen die Aussage des Liedes, keine Marionette sein zu wollen, mit Hilfe von tänzerischen Elementen.

Als weiterer Höhepunkt folgte das selbstgeschriebene Stück „Die Goldkrise in der Union von Genovien“, unterteilt in drei wechselnde Szenen, in denen schlaglichtartig auf das Versagen der politischen Akteure Griechenlands und die Not der einfachen Bevölkerung dort angespielt wurde, mit denen auch die Zentrale der Union in „Brösl“ überfordert ist. Trotz Überzeichnung und Verfremdung konnte der Zuschauer Handlungen und Personen wie die „König… ähm Kanzlerin“ und ihre Bediensteten und Beamten einordnen. Hier stellten Regisseur Peter Ringeisen und seine Schauspielerinnen ihre Kreativität, ihren Humor und ihr Können beeindruckend unter Beweis.

„Königinnen von Frankreich“ von Thornton Wilder bildete das Kernstück der Revue und war zugleich Namensgeber des Abends. Dieses hübsche Kabinettstückchen über die Verführbarkeit der verschiedensten Menschen wurde überzeugend und souverän dargestellt. Ein Advokat redet drei Frauen ein, die lange gesuchten Thronfolgerinnen von Frankreich zu sein, und macht damit sein Geschäft. Der betrügerische Advokat, meisterhaft verführerisch dargestellt von Katharina Bäumler; das anfangs mit der Situation überforderte Mädchen: überzeugend interpretiert von Anne Iberer; die Kleinbürgersfrau mit dem Drang nach Höherem: mustergültig bieder gespielt von Kristin Ölschlegel; und die mittellose alte Jungfer: hervorragend theatralisch beschrieben von Anja Hösl.

Den Zuschauern blieb keine Zeit zum Nachdenken, es folgten im zügigen Tempo weitere kleine Pointen mit Biss von Bertolt Brecht. Die überzeugende gesangliche Präsentation über die „Stärke einer liebenden Frau“ aus dem Musical „Rebecca“ traf mitten ins Herz. Glitzernd stach auch die tänzerische Darstellung von „Something’s got a hold on me“ von Christina Aguilera heraus – mitreißend von Katharina Bäumler, Anja Richter, Marie Siegert und Sarina Wagner interpretiert (Choreographie: Sigrid Ringeisen).

Ein letzter Auftritt aller Schauspielerinnen mit dem Gedicht „Gemeinsam“ von Rose Ausländer, der noch einmal ihr Können, ihre Souveränität und perfektes Timing unterstrich, rundete die Revue entsprechend überzeugend ab.

Brigitte Bodensteiner

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Große Hitballade am MRG

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In der Spannung zwischen Pippi Langstrumpfs heiler Kinderwelt und grausigem Ende des Spiels: Erich Kästners "Ballade vom Nachahmungstrieb" - weitere Fotos: Bild anklicken!

Was haben eine Singlebörse und Balladen von Goethe, Schiller und anderen Größen der deutschen Literaturgeschichte miteinander gemein? Nichts, möchte man meinen. Bei der „Großen Hitballade“ am Max-Reger-Gymnasium ging beides aber ganz locker zusammen.

Mit einem Theaterabend der etwas anderen Art eröffnete die Theatergruppe der Oberstufe und der 10. Jahrgangsstufe die diesjährigen Schultheatertage. Wer als Zuschauer mit der Erwartung kam, sich entspannt zurücklehnen und  vom Geschehen auf der Bühne einlullen  lassen zu können, wurde rasch eines Besseren belehrt. Der Moderator Ballados (Oleg Stepanow), bestens vertraut mit den „Balladen-Producern“ und über seine Jenseits-Flatrate zudem auch noch in ständigem Kontakt mit Fontane und Co., stimmte das Publikum auf interaktives Theater ein.

Eröffnet wurde die „Hitballade“ mit Fontanes „Gorm Grymme“.  Beeindruckende Standbilder verbildlichten die dramatische Geschichte vom grimmigen Dänenkönig und dem Tod seines Sohnes Jung-Harald. Das Publikum durfte einfach zuschauen. Dann allerdings griff sich Ballados zielstrebig ein ahnungsloses Zuschaueropfer nach dem anderen: „Welche Ballade soll als nächste an die Reihe kommen?“ Während die Auserkorenen zur großen Gaudi des Publikums auf gekonnt flapsige Weise interviewt bzw. an den Mann oder die Frau gebracht wurden, hatten die Darsteller Zeit und Gelegenheit,  auf der Bühne die ausgewählte Szene vorzubereiten.

Bei der Dramatisierung der Balladen zogen die Spielerinnen und Spieler alle Register: Von wallenden Nebelschwaden über Schwarzlicht, von Pantomime über Persiflage – es wurde ganz tief in die Kiste der Theatereffekte gegriffen. Pferdewiehern kündete Goethes „Erlkönig“ (mit einer zauberhaften Schwarzlicht-Pantomime in Szene gesetzt von Sophie Reinwald) an. Gruselig wurde es in Fontanes „Silvesternacht“ (Marita Auerbacher),  der Todestango ließ den Zuschauern das Blut in den Adern gefrieren. Für Entspannung sorgten dann wieder die liebevoll ausgestatteten und pfiffig interpretierten „Drachen“ (Melissa Renner, Magdalena Schuth) von Wilhelm Busch.  Der „Herr von Ribbeck“ (Ann-Kathrin Brüning) stieg überraschenderweise persönlich aus dem Grab und verteilte seine Birnen.

Als muntere Persiflage kam Fontanes „Barbara Allen“ (Alice Kerschbaum) daher. Heftiges Regengeprassel und Feuersglut unterstrichen die Schaueratmosphäre bei „Die Füße im Feuer“ von C.F. Meyer (Florian Schaudig). In Heines „Traumbild Nr.8“ (interpretiert von Anna Sturm) beeindruckte der gruselig-groteske Tod. Improvisationstalent war bei Schillers „Handschuh“ gefragt: Regisseurin Christina Preuß schnappte sich kurzerhand Lehrer aus dem Publikum und ließ sie als König Franz und Fräulein Kunigunde agieren. Mit Hilfe von Plüschtieren persiflierte Marie Hanke den „Taucher“ von Schiller. Tolle optische Effekte gab es bei Heines Ballade „Belsazar“ , die unter der Regie von Alexandra Koller als Schattenspiel präsentiert wurde.

Kästners  „Ballade vom Nachahmungstrieb“  (Mona Sommerer) schwebte in der Spannung zwischen Pippi Langstrumpfs heiler Kinderwelt und grausigem Ende des Spiels. Tetyana Tryhub und Julia Trepl deuteten den „Zauberlehrling“ von Goethe in einer überzeugenden Darstellung als „Psycholehrling“ um. Zum Ende des Balladenreigens wurde es mittels Schwarzlicht und Nebel noch einmal so richtig gespenstisch auf der Bühne mit Droste-Hülshoffs „Der Knabe im Moor“ (Sarah Lorenz).  Dem Publikum machte die abwechslungsreiche, aufwändig ausgestattete und technisch perfekt inszenierte „Hitballade“ hörbaren Spaß. Leiterin Diana Schneider kann mit Recht stolz auf ihre kreative Truppe sein.

Uta Löw

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