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Große Hitballade am MRG

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In der Spannung zwischen Pippi Langstrumpfs heiler Kinderwelt und grausigem Ende des Spiels: Erich Kästners "Ballade vom Nachahmungstrieb" - weitere Fotos: Bild anklicken!

Was haben eine Singlebörse und Balladen von Goethe, Schiller und anderen Größen der deutschen Literaturgeschichte miteinander gemein? Nichts, möchte man meinen. Bei der „Großen Hitballade“ am Max-Reger-Gymnasium ging beides aber ganz locker zusammen.

Mit einem Theaterabend der etwas anderen Art eröffnete die Theatergruppe der Oberstufe und der 10. Jahrgangsstufe die diesjährigen Schultheatertage. Wer als Zuschauer mit der Erwartung kam, sich entspannt zurücklehnen und  vom Geschehen auf der Bühne einlullen  lassen zu können, wurde rasch eines Besseren belehrt. Der Moderator Ballados (Oleg Stepanow), bestens vertraut mit den „Balladen-Producern“ und über seine Jenseits-Flatrate zudem auch noch in ständigem Kontakt mit Fontane und Co., stimmte das Publikum auf interaktives Theater ein.

Eröffnet wurde die „Hitballade“ mit Fontanes „Gorm Grymme“.  Beeindruckende Standbilder verbildlichten die dramatische Geschichte vom grimmigen Dänenkönig und dem Tod seines Sohnes Jung-Harald. Das Publikum durfte einfach zuschauen. Dann allerdings griff sich Ballados zielstrebig ein ahnungsloses Zuschaueropfer nach dem anderen: „Welche Ballade soll als nächste an die Reihe kommen?“ Während die Auserkorenen zur großen Gaudi des Publikums auf gekonnt flapsige Weise interviewt bzw. an den Mann oder die Frau gebracht wurden, hatten die Darsteller Zeit und Gelegenheit,  auf der Bühne die ausgewählte Szene vorzubereiten.

Bei der Dramatisierung der Balladen zogen die Spielerinnen und Spieler alle Register: Von wallenden Nebelschwaden über Schwarzlicht, von Pantomime über Persiflage – es wurde ganz tief in die Kiste der Theatereffekte gegriffen. Pferdewiehern kündete Goethes „Erlkönig“ (mit einer zauberhaften Schwarzlicht-Pantomime in Szene gesetzt von Sophie Reinwald) an. Gruselig wurde es in Fontanes „Silvesternacht“ (Marita Auerbacher),  der Todestango ließ den Zuschauern das Blut in den Adern gefrieren. Für Entspannung sorgten dann wieder die liebevoll ausgestatteten und pfiffig interpretierten „Drachen“ (Melissa Renner, Magdalena Schuth) von Wilhelm Busch.  Der „Herr von Ribbeck“ (Ann-Kathrin Brüning) stieg überraschenderweise persönlich aus dem Grab und verteilte seine Birnen.

Als muntere Persiflage kam Fontanes „Barbara Allen“ (Alice Kerschbaum) daher. Heftiges Regengeprassel und Feuersglut unterstrichen die Schaueratmosphäre bei „Die Füße im Feuer“ von C.F. Meyer (Florian Schaudig). In Heines „Traumbild Nr.8“ (interpretiert von Anna Sturm) beeindruckte der gruselig-groteske Tod. Improvisationstalent war bei Schillers „Handschuh“ gefragt: Regisseurin Christina Preuß schnappte sich kurzerhand Lehrer aus dem Publikum und ließ sie als König Franz und Fräulein Kunigunde agieren. Mit Hilfe von Plüschtieren persiflierte Marie Hanke den „Taucher“ von Schiller. Tolle optische Effekte gab es bei Heines Ballade „Belsazar“ , die unter der Regie von Alexandra Koller als Schattenspiel präsentiert wurde.

Kästners  „Ballade vom Nachahmungstrieb“  (Mona Sommerer) schwebte in der Spannung zwischen Pippi Langstrumpfs heiler Kinderwelt und grausigem Ende des Spiels. Tetyana Tryhub und Julia Trepl deuteten den „Zauberlehrling“ von Goethe in einer überzeugenden Darstellung als „Psycholehrling“ um. Zum Ende des Balladenreigens wurde es mittels Schwarzlicht und Nebel noch einmal so richtig gespenstisch auf der Bühne mit Droste-Hülshoffs „Der Knabe im Moor“ (Sarah Lorenz).  Dem Publikum machte die abwechslungsreiche, aufwändig ausgestattete und technisch perfekt inszenierte „Hitballade“ hörbaren Spaß. Leiterin Diana Schneider kann mit Recht stolz auf ihre kreative Truppe sein.

Uta Löw

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Eingeordnet unter Schultheatertage 2012