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Der Trojanische Krieg findet nicht statt!

[DJDS, 07.03.2024] Ein dunkler Saal, gespannte Atmosphäre, ungeduldiges Raunen und dann war es endlich so weit: Vorhang auf für die erste Theateraufführung der 31. Amberger Schultheatertage am 07.03.2024.

Inhaltlich und sprachlich verlangte diese Vorstellung sowohl dem Publikum als auch den Schauspielerinnen alles ab, denn der französische Autor Jean Giraudoux interpretierte in seinem Stück Der trojanische Krieg findet nicht statt nicht den antiken Stoff neu, sondern thematisierte in diesem die sich aufbauende Kriegsbereitschaft Deutschlands und Frankreichs nach Hitlers Machtergreifung 1933. Damit aber nicht genug! Zusätzlich konnten die Zuschauer leider auch bezüglich aktueller Konflikte und Kriege in der Welt Parallelen erkennen.

Die Spielleitung erwartete somit nicht nur von den Zuschauern volle Konzentration, sondern auch von den Schauspielerinnen, und diese nahmen die Herausforderung in allen Bereichen mit Bravour an: Ob nun seitenumfassende Monologe, Auszüge aus dem Völkerrecht oder schwankende Emotionen innerhalb weniger Sekunden, Hektor, Hekuba, Helena und alle anderen der insgesamt siebzehn Schauspielerinnen überzeugten mit ihrer Darbietung.

Die Handlung als solche ist dabei nicht linear und mit Scheuklappen um die Augen auf die Frage ausgerichtet, ob es Krieg gibt oder nicht, sondern sie zeigt eine Vielzahl von Einzelschicksalen und egoistischen Zielen, die nur am Rande mit Helena und ihrer Entführung zu tun haben. Diese Nebenhandlungen stoßen dann wiederum die Pforte des Krieges auf bzw. zu, wodurch der Zuschauer nie sicher sein kann, wann das Stück zu Ende ist bzw. was das entscheidende Ereignis sein könnte.

Wissenswert in diesem Zusammenhang ist, dass Jean Giraudoux zwischen den Kriegen als Franzose auch in Deutschland lebte, studierte und arbeitete. Dort aber nicht irgendwo, sondern in München! Er erlebte den Aufstieg des Faschismus also hautnah mit, wodurch bei den Proben immer wieder die Frage aufgekommen ist, welche autobiographischen Erlebnisse er vielleicht in sein Werk integriert hat.

Mich wiederum hat die Hauptfigur Hektor stark an den Autor selbst erinnert, der Zeit seines Lebens gegen den Krieg gekämpft hat und kurz vor der Befreiung Frankreichs in Paris verstorben ist! In diesem Sinne soll nicht nur die Aufführung zum Nachdenken anregen, sondern auch dieser Rückgriff von Giraudoux auf die Antike, in dem er den griechischen Geschichtsschreiber Herodot zu Wort kommen lässt:

„Im Frieden begraben die Söhne ihre Väter, im Krieg begraben Väter ihre Söhne!“

Florian Hackl, Spielleiter an den Dr.-Johanna-Decker-Schulen

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Shakespeares „Sommernachtstraum“ – leichtfüßig inszeniert

[DJDS, 05.07.2023] Die Theatergruppe der Dr.-Johanna-Decker-Schulen unter der Leitung von Peter Ringeisen und Florian Hackl ließ am vergangenen Mittwoch im sehr gut gefüllten Gerhardinger-Saal William Shakespeares „Ein Sommer­nachtstraum“ in einer Version wieder aufleben, die so oder so ähnlich im Jahr 1998 schon einmal auf derselben Bühne zu sehen war. Eine von Shakespeares bekanntesten Komödien und ein 25-jähriges Jubiläum? Die Erwartungen waren hoch und sie wurden nicht enttäuscht.

In der rund 90-minütigen Aufführung wird dem Publikum viel geboten. Allerlei Liebende tummeln sich auf der Bühne bzw. im Wald des alten Athens. Neben dem – zunächst und am Ende wieder – glücklichen Pärchen Lysander und Hermia, das Milena Ries und Elisabeth Galiev durch alle Gefühlslagen sehr überzeugend spielen, begegnen einem Demetrius und Helena. Diese beiden Figuren verbindet, dass sie unerwidert lieben, nämlich Demetrius die emotional anderweitig gebundene Hermia und Helena den schroffen Demetrius. Letzterer wird von Jasmin Herz gekonnt ablehnend und genervt verkörpert, während Michaela Kölbl als Helena dadurch beeindruckt, wie sicher sie die langen Textpassagen ihrer Figur meistert. Außerdem trifft man auf das Königspaar der Elfen, Oberon und Titania, die gerade eine veritable Ehekrise durchmachen. Der König der Elfen möchte mittels Magie seiner Frau eine Lektion erteilen und beauftragt seinen Diener Puck mit der Ausführung dieser Mission, der viel Wirbel erzeugt, Liebende durcheinander- und auseinanderbringt und selbst vor allem in das Unruhestiften verliebt zu sein scheint. Hervorzuheben ist hier Marlen Lederers feinsinniges Spiel als Oberon. Auf Augenhöhe zeigt sich Sophia Lang als seine königliche Gemahlin und Franziska Ascherl beweist sich als sehr gute Besetzung für einen Puck, dem der Schalk aus dem Gesicht blitzt.

Mit einer Gruppe von Handwerkern treibt Puck sein Spiel besonders weit. Diese wollen im Wald ein Stück proben und hoffen, es am Fürstenhof von Athen aufführen zu dürfen. Die Figuren Zettel, Squenz, Flaut, Schnauz, Schlucker und Schnock sind eher schlichte Gemüter. Ihnen legt Shakespeare aber sehr bedenkenswerte Worte über die Spielräume von Theater und die Macht der Fiktion in den Mund. Hannah Wesnitzer, Paula Demleitner, Eva Krause, Sarah Kredler, Katharina Papp und Ronja Maurer zeigen als Gruppe auf der Bühne eine schöne Dynamik und spielen ihre Rollen sehr gut, auch in den Szenen, in denen sie schlechtes Theater spielen müssen, was die eigentlich hohe Kunst ist und wofür sie viele Lacher des Publikums ernten.

Das Geschehen im Wald wird eingerahmt vom majestätischen und ernsten Auftreten des Hofs von Athen, bestehend aus dem Herzog Theseus (Emilia Bauer), seiner Gemahlin Hippolyta (Jasmin Schönberger), dem Adeligen Egeus (Ronja Maurer) und sozusagen dem Eventmanager des Hofs, Philostrat (Mia Peterlein). Ein besonders schöner Moment ist im letzten Viertel des Stücks gekommen, wenn die Mitglieder des Hofstaats die – sagen wir originelle – Theateraufführung der Handwerker ironisch kommentieren.

Der bunte Reigen, der in „Ein Sommernachtstraum“ an Figuren, Themen, Wechseln zwischen der Welt der Elfen und der Menschen geboten wird, kann das Publikum etwas verwirrt und ratlos zurücklassen. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Das Stück wurde beherzt gekürzt, in flottem Szenenwechsel geht die Handlung voran. Das ganze Ensemble spielt in Blankversen, als hätte es nie etwas anderes gemacht.

Es soll auch schon Aufführungen von „Ein Sommernachtstraum“ – innerhalb wie außerhalb des Schulspiels – gegeben haben, die etwas langatmig und altbacken daherkamen. Doch auch das trifft hier nicht zu. Vorsichtige textuelle Modernisierungen, ein sehr geradliniges Bühnenbild und ein Mix zwischen Alt und Neu in den Bereichen Kostüm und Requisite (Schwert und Wams und Popcorn!) leisten hier einen wichtigen Beitrag.

Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Auftritte der Sänger und Tänzer. Der Chor der Elfen unter der Leitung von Franz Hanauska begleitet das Stück musikalisch, was die Inszenierung nicht nur auflockert und komplettiert, sondern auch zwei Säulen britischen Kulturguts zusammenbringt, Shakespeare und die Beatles. Die Tänze der Elfen und der Hofdamen wirken in der hier gebotenen Version so gar nicht elisabethanisch. Stattdessen schwingt die Jazztanzgruppe der Dr.-Johanna-Decker-Schulen unter der Leitung von Astrid Fürg die Hüften zu mitreißenden Beats von Taylor Swift und den Weather Girls. All das trägt zu einem sehr gelungenen Update des Shakespeare-Stoffes bei.

Am Ende holten sich 55 Schülerinnen ihren Applaus für ihre beeindruckende Leistung ab und ließen sich verdientermaßen für ihre Darbietung in den Bereichen Schauspiel, Gesang und Tanz feiern. Dem Publikum wurde ein kurzweiliger, bunter Theaterabend geboten und vor Augen geführt, wie viele Mitwirkende auf und hinter der Bühne notwendig sind, um solch ein Mammutprojekt umzusetzen und es gleichzeitig so spielerisch aussehen zu lassen.

Ein klein wenig Wehmut gehörte auch zum Schlussapplaus, mit dem sich der langjährige Theaterleiter der Dr.-Johanna-Decker-Schulen Peter Ringeisen aus dem aktiven Schulspieldienst verabschiedet. So stellte dieser „Sommernachtstraum“ nicht nur eine gelungene Shakespeare-Inszenierung dar, sondern auch den würdigen Abschluss einer Theaterleiter-Ära.

Simone Nimmerrichter (Schultheaterleiterin am Max-Reger-Gymnasium)

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Schwere Kost mit Spielfreude präsentiert

Oder: Sehnsucht nach Spaghettieis

[08.03.2023/DJDS] „Der Herr der Fliegen“ – nach Motiven aus William Goldings Roman
„Der Herr der Fliegen“, der berühmte Roman von William Golding – eine wirklich anspruchsvolle Herausforderung, die die Theatergruppe der DJD-Schulen und ihre Spielleiter da angenommen hatten. Heraus kam allerdings weit mehr als nur ein „benutzerfreundliches Stück“, wie Spielleiter Peter Ringeisen es zu Beginn der Vorstellung im Bezug auf die überschaubare Länge des Stücks scherzhaft ankündigte. Die zwölf jungen Schauspielerinnen setzten den Inhalt dieses ernsten, gar verstörenden Werkes mit großer Überzeugungskraft und sichtbarer Spielfreude beeindruckend – und beklemmend – um. Begleitet und unterstützt wurden die Mädchen bei ihrer Probenarbeit nicht nur von den Lehrkräften Peter Ringeisen und Florian Hackl, sondern auch von dem polnischen Regisseur, Theaterleiter und Kinderbuchautor Grzegorz Szlanga. Ihn verbindet seit 2011 eine grenzübergreifende Theaterfreundschaft mit den DJD-Schulen. Diese Produktion ist nach „Oskar und die Dame in Rosa“ schon die zweite Schultheateraufführung, die er in Amberg begleitet.

Der Gehardinger-Saal war am Mittwoch, den 8. März, sehr gut gefüllt, als Peter Ringeisen und Grzegorz Szlanga eine kurze Einleitung zum bevorstehenden Stück gaben. Insbesondere gingen sie auf die Tatsache ein, dass es sich in der Romanvorlage bei den auf einer Insel gestrandeten Kindern und Jugendlichen allesamt um Jungen handelte, während in der aktuellen Adaption alle Gestrandeten Mädchen waren. Der Bezug zum Weltfrauentag (8. März) sei deshalb ganz bewusst gewählt worden.

Das Stück selbst begann mit dem Absturz des Flugzeugs, das die Kinder und Jugendlichen auf die Insel brachte. Auf eine – von einer engagierten Stewardess untermalten – launigen Durchsage des Flugkapitäns folgte der „Absturz-Blackout“. Die Überlebenden irrten mit ihren Handylampen durch das Dunkel und das Publikum, welches so von Anfang an von den Schauspielerinnen in ihren Bann gezogen wurde. Es lernte zu Beginn gleich zwei entscheidende Protagonistinnen kennen: Die unsichere Blondie (hinreißend verkopft gespielt von Leni Flöter) und die kecke Ruby, überzeugend verkörpert durch eine selbstbewusste Kimberly Reuter. Während Blondie stotternd ihre körperlichen Unzulänglichkeiten aufzählt und sich nach ihrer Tante sehnt, hat Ruby längst das große Ganze im Blick und trommelt die Überlebenden zusammen. Um jedoch die Rolle der Anführerin für sich verbuchen zu können, muss sie sich erst einmal gegen die aggressive Jackie durchsetzen. Kaya Lorenz spielt diese raubeinige Kapitänin mit ihrem Cheerleadergefolge wunderbar konfrontativ und mit einem Hang zur Grausamkeit. Doch trotz des lauten und wilden Gebarens von Jackie kann Ruby sich durchsetzen und zur Anführerin küren lassen – nicht zuletzt mit der Aussicht darauf, dass sie dafür sorgen wird, dass die Gruppe irgendwann endlich wieder Spaghettieis bekommen wird.

Beraten wird die geschickte Ruby dabei von Blondie, die ihr Ideen einflüstert und sie kreativ berät. So erhält Jackie die Aufgabe, das Jägerteam zu leiten – was sie voller Tatendrang und Blutdurst tut. Ihre Jägerinnen (Ciara Pflaum, Melanie Gruber, Nina Hauser, Lina Eiban, Ronja Maurer, Frieda Schindhelm, Katharina Papp und Antonia Schlegel) bemalen sich mit Tarnfarbe – originell: Wimpertusche! – und stampfen und tanzen zu starken Beats.

Beeindruckend war auch die schauspielerische Leistung von Sina Wittl, die die „kleine Sophie“ verkörperte und sich als diese ängstlich hinter Koffern versteckte. Ihre Panik vor „dem Tier“ steckt auch Blondie an, die jedoch bewusst rational versucht, ihre Angst in den Griff zu bekommen.

Als endlich ein Schiff am Horizont auftaucht, ist der Jubel groß. Noch größer jedoch ist die Empörung, als das Schiff vorbeizieht, da irgendjemand das Signalfeuer hat ausgehen lassen. Ruby und Jackie beschuldigen sich gegenseitig – es kommt zum ersten großen Streit, der von wüsten Schimpfwörtern begleitet wird (wie von Peter Ringeisen im Vorfeld angekündigt…).

Schließlich wenden sich die Schauspielerinnen dem Publikum zu. Sie sehnen sich nach den Erwachsenen, die – angeblich – in dieser Lage wüssten, was zu tun wäre. Die Tee trinken und ruhig reden statt streiten würden. Diese Behauptungen mussten dem Publikum angesichts der Realität in der Welt zu denken geben.

Ein weiteres Highlight des Stücks war die Fliegenplage, von der die Gestrandeten heimgesucht werden und der sie sich mit aller Macht erwehren müssen. Schließlich muss Jackie zugeben, noch kein Wild erlegt zu haben. Stattdessen sucht sie nach einer „Freiwilligen“, die als „Schwein“ dient. Die kleine Sophie tritt nicht rechtzeitig zurück und wird zum ersten Opfer der Gemeinschaft – doch nicht zum letzten. Denn kurz darauf wird auch Blondie getötet, als sie schlichtend in einen Kampf zwischen Ruby und Jackie eingreifen will. Mitten in diesen dramatischen Höhepunkt hinein erhalten die Jugendlichen einen Anruf: Ein Schiff steuert die Insel an und fragt, ob es Tote gab. „Nur zwei“, lautet die ernüchternde Antwort. Statt sich jedoch für die Toten zu rechtfertigen, gehen die Jugendlichen zum Gegenangriff über. Sie hätten erkannt, dass sie den Erwachsenen egal wären. So entscheiden sich die Inselbewohnerinnen am Ende gegen eine Rettung und nehmen Stellung ein gegen mögliche „Retter“.

Der Applaus für die Schauspielerinnen und ihre Spielleitung war laut, anhaltend – und vor allem wohlverdient. Man konnte während des Stücks deutlich spüren, wie intensiv sich die Mädchen mit dem Thema auseinandergesetzt und es zu „ihrer“ Geschichte gemacht hatten. Umso schöner war es, im Nachklang zu sehen, dass die Stimmung in der Gruppe in Wahrheit eine völlig andere war als unter den Gestrandeten, nämlich ausgelassen und voller Verbundenheit. In diesem Sinne bedankten sich die Schülerinnen auch bei ihren Leitern und ganz besonders bei ihrem langjähren Theaterlehrer Peter Ringeisen, für den es das letzte Jahr regulärer Schulspielarbeit ist. Wir hoffen natürlich, dass wir sowohl von der Gruppe als auch von ihm noch mehr zu sehen bekommen werden…

Claudia Ried
(Schultheaterleiterin am Gregor-Mendel-Gymnasium)

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„Cleopatra“ meets „Leonce und Lena“

[06.07.2022/DJDS] „Cleopatra“ (August v. Kotzebue) und „Leonce und Lena“ (Georg Büchner)

Begeisterter Applaus für zwei unterhaltsame Stücke
Am Mittwoch, den 06. Juli 2022, wurden die zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauer im Gerhardingersaal nicht nur mit einem, sondern gleich zwei kurzweiligen Theaterstücken der Theatergruppe der Dr.-Johanna-Decker-Schule überrascht. Unter der Leitung von Peter Ringeisen und Florian Hackl verwandelten die Schülerinnen der Mittel- und Oberstufe die Bühne in verschiedene Orte der Literaturgeschichte.

Im ersten Stück, der Tragödie „Cleopatra“ von August v. Kotzebue, berichtete zunächst die überzeugende Prologussprecherin (Sarah Geck) in charmanten Reimen über das Schicksal von Julius Cäsar, welcher auf tragische Weise umgekommen war – und schon hier wird deutlich, dass das alles nicht so ernst gemeint ist. Seine Gemahlin Cleopatra (ausdrucksstark dargestellt von Sophia Lang) im opulenten Kleid aber schien, trotz ihres gemeinsamen Kindes Cäsarion (frech gespielt von Melanie Gruber), nicht über seinen Tod bekümmert. In kurzer Zeit wurde der egoistische und dominante Charakter von Cleopatra durch ihr überzeugtes Auftreten und ihre Handlungen auf der Bühne deutlich. Statt zu trauern, war sie schließlich eher darum bemüht, dass der stattliche Antonius (sicher verkörpert durch Louisa Birkel in einem liebevoll gestalteten Kostüm), ein römischer Triumvir, ihr zu Füßen läge, wofür sie sich mithilfe ihrer Kammerjungfer (Lina Eiban) hübsch machte. Dessen Gemahlin Octavia (Annabelle Schwegler) war daraufhin verständlicherweise zutiefst entsetzt. Der Wendepunkt der Tragödie ereignete sich, als Gallus (Nina Hauser) wortgewandt verkündete, dass Antonius die Schlacht gegen Augustus verloren habe. Aufgrund dieser Niederlage wollte Cleopatra den Kontakt zu Antonius abbrechen, und ihr Sohn sollte diesem berichten, dass sie sich ermordet hätte. Von dieser Nachricht allerdings zutiefst erschüttert, beschloss Antonius Selbstmord zu begehen. Bevor er jedoch das Jenseits erblickte, sah er Cleopatra noch ein letztes Mal, und die beiden führten ein scheinbar einfühlsames Gespräch. Sein tragischer Tod war der selbstsüchtigen Herrscherin am Ende allerdings sichtlich gleichgültig.

Die Stimmung der Tragödienparodie wurde durch lustige Wortwitze und das überzeugende Schauspiel der Schülerinnen immer wieder aufgeheitert und ließ die Besucherinnen das wahre Gesicht der Cleopatra erkennen. In einem reduzierten Bühnenbild lag der Fokus dabei auf dem einprägsam vorgetragen Text.

Im Anschluss begeisterte die Ringeisen- und Hackl-Truppe mit dem Lustspiel „Leonce und Lena“ von Georg Büchner die Anwesenden. So wurde Leonces Missgunst (sehr überzeugend gespielt von Melanie Gruber) gegenüber dem langweiligen Lebenswandel der Zeit gezeigt, dessen Geliebte Rosetta (Milena Weich) nur ein Zeitvertreib für ihn zu sein schien. Als sein vergesslicher und verwirrter Vater, der König Peter vom Reiche Popo (selbstbewusst verkörpert von Nina Hauser), ihn mit der Prinzessin Lena vom Reiche Pipi (charmant dargestellt von Louisa Birkel) verheiraten wollte, beschloss Leonce besser nicht bei seiner eigenen Hochzeit anwesend zu sein. Stattdessen ging er lieber mit seinem Kumpanen Valerio (äußerst leidenschaftlich: Kaya Lorenz) auf Reisen, der auch zur Begeisterung der Zuschauerinnen und Zuschauer immer für genug Unterhaltung, Essen und Wein sorgte.

Parallel dazu wurde die Geschichte der ebenso melancholischen Prinzessin Lena dargestellt. Auch sie zeigte sich skeptisch bezüglich der arrangierten Hochzeit, da sie stets nach der wahren Liebe suchte. Deshalb machte auch sie sich mit ihrer verständnisvollen Gouvernante (Sophia Lang) auf den Weg. In einem Gasthaus traf sie, welch ein Zufall, zum ersten Mal Prinz Leonce, ohne zu wissen, dass dies ihr Verlobter und künftiger Gemahl sei. Dieser fand sofort Interesse an der unbekannten Schönheit. Auf Vorschlag Valerios, seine eigenen Interessen immer im Auge behaltend, brachte Leonce die Unbekannte nach Hause, um sie seiner romantischen Art nach direkt zu heiraten.

Währenddessen befahl der besorgte Vater seinen chorisch überzeugend agierenden Bediensteten (Jasmin Schönberger, Lina Hein und Leni Flöter), Ausschau nach den zukünftigen Regenten des Landes zu halten. Unter den Augen verschiedener Bewohner des Reiches (überzeugend aufgeregt: Annabelle Schwegler, Emma Engels, Leni Flöter, Sarah Geck und Milena Weich) kam es schließlich zu einer Trauung der mithilfe von amüsanten Masken verkleideten Königskinder. Erst während der Zeremonie stellte sich heraus, dass sie ja sowieso einander versprochen waren und das Lustspiel nahm ein für alle positives Ende.

Nicht einmal mehrere Ausfälle durch Coronainfektionen (zwei Schülerinnen konnten nicht teilnehmen; tadellos gelöst von Leni Flöter) sah man der Aufführung an, und so wurde klar, wie viel Mühe und Arbeit in beiden Produktionen steckte. Diese wurden mit viel Applaus gewürdigt.

Nina Kohl, Spielleiterin am Max-Reger-Gymnasium

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Kleine Gruppe, große Wirkung

[DJDS, 07.04.2022] J. B. Priestley: „Ein Inspektor kommt

„Ein Inspektor kommt“ hieß es am vergangenen Donnerstag auf der Bühne des Gerhardinger-Saals. Mit der Aufführung dieses Dramas von J. B. Priestley durch die Theatergruppe der Dr.-Johanna-Decker-Schulen unter der Leitung von Peter Ringeisen und Florian Hackl wurde dem Publikum ein spannender und nachdenklich stimmender Theaterabend geboten.

Der zeitlose Kerngedanke, den das 1945 uraufgeführte Stück vermittelt, lässt sich so zusammenfassen: Wir sollten uns stets bewusst machen, dass unser Tun einem anderen schaden kann, und unser Handeln danach ausrichten, dass das möglichst selten passiert. Die Bedeutung dieser Maxime ist der Familie Birling am Anfang des Stücks fremd, sodass ein Inspektor – beeindruckend kühl und geradlinig gespielt von Leni Flöter – ihnen nacheinander vor Augen führen muss, wie die Summe ihrer egoistischen, zornigen und unüberlegten Entscheidungen eine junge Frau namens Eva Smith in den Selbstmord getrieben hat.

Im Fokus steht dabei zunächst das Familienoberhaupt Arthur Birling, das Eva wegen einer Teilnahme an einem Arbeiterstreik feuerte. Kaya Lorenz zeigt in dieser Rolle eine große Souveränität und ein nicht geringes komisches Talent auf der Bühne. Gerald Croft, der sich soeben mit Arthurs Tochter Sheila verlobt hat, wird ebenfalls einer Prüfung durch den Inspektor unterzogen. Er muss zugeben, dass er mit Eva eine Affäre hatte. Sobald er erkennt, was seine Taten bewirkt haben, stellt er ehrlich fest, dass er „berührter von der Sache“ ist, als er erwartet hätte. Dargestellt wird dieser Charakter von Eva Ringer, der es sehr gut gelingt, die Emotionen der Figur glaubwürdig zu transportieren.

Doch auch Arthurs Frau Sybil – überzeugend als unnahbare und selbstbewusste Herrin des Hauses verkörpert von Lea Borawski – und seine Kinder Sheila und Eric haben einen Anteil am Freitod der Eva Smith. Sybil, weil sie dafür gesorgt hat, dass die schwangere Eva keine Unterstützung von der von ihr eingerichteten Wohltätigkeitsorganisation erhielt. Sheila, weil sie dazu beigetragen hat, dass Eva eine weitere Anstellung verlor. Eric, weil er derjenige ist, der Eva geschwängert hat.

Die beiden letztgenannten Figuren gelangen im Gegensatz zu ihren Eltern am Ende des Stücks jedoch zu einer Einsicht und empfinden Schuld und Verantwortung für ihr Tun. Arthur und Sybil versuchen dagegen weiterhin, das Geschehene zu relativieren oder davon abzulenken. In der Rolle von Eric Birling überzeugt Ciara Pflaum, die den jungen Mann zunächst leichtfertig und später an der Situation und den uneinsichtigen Eltern verzweifelnd darstellt. Jasmin Schönberger, jüngstes Mitglied der Theatergruppe, spielt Sheila Birling so gut, dass man sich mit Arthurs Worten hin und wieder fragt: „Was ist denn los mit diesem Kind?!“

Das Bühnenbild orientierte sich mit wenigen Akzenten wie Portweingläsern und Ohrensessel im Salon der Familie Birling angenehm nah an der ursprünglichen Kulisse des Dramas. Dasselbe gilt für die Kostümierung, die die Damen im Kleid, die Herren im Anzug, den jungen Eric Birling mit Hosenträgern und den Inspektor im Trenchcoat zeigte.

Das Ensemble, obwohl überwiegend noch ohne bisherige Bühnenerfahrung, spielte textsicher und durchweg ausdrucksstark. Das Lob schließt Lena Gimpl ausdrücklich mit ein, die in Corona-Zeiten kurzfristig für Kimberly Reuter in der Rolle des Hausmädchens Edna einsprang. Auf äußerst charmante Weise lud sie das Publikum ein, sich in der Pause im 2. Akt an Getränken und Snacks zu erfrischen.

J. B. Priestleys „Ein Inspektor kommt“ ist ein ernstes und zeitloses Stück, das nicht nur das Thema Verantwortung in den Mittelpunkt rückt, sondern die Verantwortung für eine gelungene Inszenierung auf nur wenige Schultern, nämlich auf nur sieben Rollen verteilt. Die sieben Schauspielerinnen der Dr.-Johanna-Decker-Schulen haben diese Herausforderung bravourös gemeistert. Mit ihrer Aufführung forderten sie zudem das Publikum heraus, über die Themen Verantwortung und menschliches Miteinander auch nach dem Verklingen des Beifalls und dem Verlassen des Saals nachzudenken. Als kleine Gruppe erzielten sie somit eine große Wirkung.

Simone Nimmerrichter, Schulspielleiterin am MRG

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Ist erbarmungslose Ehrlichkeit die Lösung?

[DJDS, 03.07.2019] Die Oberstufe der DJDS spielt den „Menschenfeind“ von Molière.

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„Live! Alceste Lafitte liest. Abendkasse: 15€“ – „VOGUE heute: Party Dessous – Fashion Affair mit Célimène“

Die Plakate am Eingang machen klar – heute treffen wir die Crème de la Crème, den Jetset, die Stars und Sternchen.

Und schon in der ersten Sekunde des Stücks geht es hinein in die Bussi-Gesellschaft. Alle scheinen die besten Freunde zu sein. Küsschen hier. Küsschen da. Aber wer auf der Party fehlt, wird gnadenlos dem Gelächter preisgegeben. Und mittendrin Alceste, der Aufrechte. Ihn ekelt vor seinen Mitmenschen, die er für widerliche Schleimer und erbarmungslose Intriganten hält. Dass er Recht haben könnte, wird im ganzen Stück nie bestritten. Aber wie überlebt man gesellschaftlich, wenn man keine Kompromisse machen will?

Dummerweise verliebt sich der standhafte Alceste ausgerechnet in Célimène, den Star in der Welt der Falschheit. Auf jedem Fest steht sie im Zentrum, über Abwesende gießt sie beißenden Spott aus, und ihre zahlreichen Verehrer ködert sie genauso geschickt wie sie sie dann in Ungewissheit über ihre Chancen schmoren lässt. Alceste versteht diese Spielchen nicht. Jeden Flirt hält er für eine ernste Sache. Seine ständigen Vorwürfe bringen die Beziehung immer wieder fast zum Scheitern. Aber vor allem erkennt er die echte Célimène nicht mehr hinter der Rolle, die sie für die Öffentlichkeit spielt.

Denn für ihn ist jeder, der das Rollenspiel mitmacht, ein abstoßender Heuchler. Und er ist fest entschlossen, sich nie zu verstellen. So lässt er sich hinreißen, dem einflussreichen Oronte seine ehrliche Meinung über dessen neuestes – und wunderbar missratenes – Gedicht aufzutischen. Der rächt sich mit politischen Intrigen, die Alceste vor Gericht und in große Gefahr bringen.

Sein enger Freund Philinte und die ihm wohlgesonnene Éliante versuchen verzweifelt, ihm manche gesellschaftliche Konvention näherzubringen und ihn vor den Folgen des Prozesses zu bewahren. Aber in seinem Furor sieht er einen ungerechten Prozessausgang eher als leuchtenden Beweis seiner Thesen von der verlogenen Gesellschaft.

Und seine Mitmenschen bestätigen ihn immer wieder durch ihr falsches Spiel in seiner Meinung. Besonders raffiniert Arsinoé, die sich zur reinsten Heiligen in diesem Schweinestall stilisiert, alle andere für moralisch verdorben erklärt, aber in ihrem Kampf um die Gunst Alcestes auch vor der unappetitlichsten Verleumdung nicht zurückschreckt.

Als Alceste glaubt, vor dem Prozess und den Menschen in die Einsamkeit irgendwo am Ende der Welt fliehen zu müssen, bedeutet das auch die Trennung von Célimène, die ihn ehrlich liebt – aber nicht bereit ist, mit ihm „allein mit einer riesenhaften Hammelherde“ zu leben. So kommt zum Schluss die von Alceste lange verschmähte Éliante mit seinem Freund Philinte zusammen. Und die Zuschauer sowie die versammelte Schickeria erfahren aus einem abgefangenen Brief von Célimène, was sie wirklich über ihre zahlreichen Verehrer denkt. So bekommen alle nochmal ordentlich ihr Fett ab.

Die Oberstufentheatergruppe der Dr.-Johanna-Decker-Schulen bringt dieses Stück mit viel Elan und Können auf die Bühne. Und einer sehr gelungenen Besetzung:

Mal romantisch verliebt, dann wieder im ausufernden Streit: Maike Andresen als Alceste und Antonia Ferstl als Célimène sehr glaubhaft in den beiden Hauptrollen.

Wunderschönes Wechselspiel zwischen ehrlichen Worten für Alceste und haarsträubendem Verdrehen der Wahrheit für die feine Gesellschaft: Eva Pamler als Philinte und Sarah Dimpfl als Éliante.

Zwei trottelige Verehrer mit abstrusen Plänen, wie Célimène zu erobern wäre: Isabella Schwarz als Acaste und Lena Gimpl als Clitandre.

Der Intrigant, der mal schnell in zehn Minuten ein Gedicht zusammenschmiert und darauf so stolz ist wie das Gedicht grausig: Sibylle Krestel als Oronte.

Die bigotte Moralistin, die sich für keine Gemeinheit zu schade ist: Sophia Göbl als Arsinoé.

Außerdem Maria Altmann und Sofie Wittmann als loyale Diener und Madeleine Höreth als unbestechliche Vertreterin der Staatsgewalt.

Der alte Text wurde geschickt modernisiert und von der Gruppe aktualisiert, mit den Reimen gingen die Spielerinnen völlig souverän und natürlich um – eine große Kunst, ebenso wie das geschickte Platzieren der vielen Pointen.

So kam unter der kundigen Leitung von Studiendirektor Peter Ringeisen ein Theaterabend zustande, der nicht nur sehr gut unterhielt. Sondern der auch jede Menge Denkanstöße lieferte, wie man es selbst so hält mit der Balance zwischen manchmal erbarmungsloser Aufrichtigkeit und den kleinen oder größeren täglichen Unehrlichkeiten.

Hans-Christoph Schulz
(Spielleiter am Gregor-Mendel-Gymnasium)

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Zehn Jahre an einem Tag

[DJDS, 11.04.2019] Krankheit und Tod. Ein ernstes und ungewohntes Thema für eine Schulspieltheatergruppe, auch für die Theatergruppe der Dr.-Johanna-Decker-Schulen. Entsprechend gespannt erwartete das ausgesprochen zahlreiche Publikum am vergangenen Donnerstag den Beginn der Aufführung von „Oskar und die Dame in Rosa“, nach der gleichnamigen Erzählung von Éric-Emmanuel Schmitt.

Und schon die erste Szene fängt die Zuschauer mühelos ein: Man lernt Oskar kennen, den zehnjährigen schwerkranken Jungen im Pyjama und mit Kopfhörern, der erst vor kurzem erfahren hat, dass die letzte Operation ein Misserfolg war und er bald sterben muss. Doch er kämpft nicht nur mit dieser Erkenntnis, sondern auch mit dem Gefühl, von allen verlassen und als Fehlschlag betrachtet zu werden. Einzig und allein Oma Rosa, eine der älteren Damen, die als Freiwillige in rosa Kitteln ins Krankenhaus kommen, um mit den kranken Kinder zu spielen, ist ihm eine Stütze in dieser scheinbar hoffnungslosen Lage. Sie rät ihm, Gott zu schreiben und ihm seine Sorgen anzuvertrauen.

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Rosa (links) führt Oskar in die Kapelle, um ihm den Unterschied zwischen körperlichem und seelischem Schmerz zu erklären.

Oskar wehrt sich zunächst. Unglaublich eindrucksvoll und überzeugend gespielt von Paula Lacher, glaubt er weder an Gott noch an den Weihnachtsmann, doch Oma Rosa überzeugt ihn liebevoll, aber energisch, es doch zu versuchen. Amelie Prösl gelingt es mit bewundernswerter Leichtigkeit, die Rolle der unorthodoxen Oma Rosa zu verkörpern, die Oskar mit schonungsloser Ehrlichkeit und unendlichem Verständnis entgegentritt. Dieses bewegende Zusammenspiel zwischen den beiden jungen Schauspielerinnen wechselt vom tänzerischen Umkreisen, wildem Kampf mit der ungeliebten Spritze zum intensivem Zuhören, und jedes Wort, jede Geste, jede Berührung ist dabei völlig authentisch. Paula Lacher spielt Oskars Leid und seine Tapferkeit so überzeugend, so herzzerreißend für die Zuschauer, dass es kaum zu glauben ist, dass sowohl die beiden Hauptdarstellerinnen als auch einige der anderen tollen Schauspielerinnen zum ersten Mal Mitglied der Theatergruppe sind. Schulspielleiter Peter Ringeisen hat mit seiner Truppe, unterstützt von dem polnischen Regisseur Grzegorz Szlanga, eine wirklich unglaublich eindrucksvolle Probenarbeit geleistet; Szlanga hatte das Projekt seit September aus der Ferne begleitet, und in den Tagen vor der Aufführung hat er in Amberg mit den Schülerinnen intensiv geprobt.

Als Oma Rosa vorschlägt, jeden der wenigen Tage in Oskars Leben als ein ganzes Jahrzehnt zu erleben, willigt Oskar ein. Und so erlebt das Publikum mit ihm im Schnelldurchlauf seine Jugendzeit, die Eroberung seiner großen Liebe Peggy Blue (liebreizend gespielt von Lena Eichinger) sowie sein weiteres Leben als „Erwachsener“ mit all seinen Höhen und Tiefen. So bereut er zwar seine „Jugendsünde“ mit der forschen Sandy (ein unvergessliches komödiantisches Talent: Madeleine Höreth) und die Zipperlein des Älterwerdens, doch der Weg bringt ihn immer näher zu Gott und der Versöhnung mit seinem Schicksal. Auch die Schauspielerinnen, die kleinere Rollen übernommen hatten, wussten zu überzeugen: Maria Altmann als Popcorn, Sophia Göbl als Bacon, Sofie Wittmann als Oskars Vater, Eva Pamler als Oskars Mutter und Sibylle Krestel als Dr. Düsseldorf.

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Oskar (links) kontaktiert Peggy Blue übers Handy, um ihr seine Liebe zu gestehen.

Je näher das „Alter“ und damit das Ende von Oskars jungem Leben rückt, desto ruhiger wird das Stück. Die erlösenden scherzhaften Episoden aus Oskars „Jugend“ bleiben aus, und das Publikum geht gebannt mit ihm die schonungslosen letzten Schritte. Als Oskar schließlich, begleitet von Oma Rosa, verstirbt, ist es still im Gerhardingersaal. Nur leise Geräusche der Rührung sind zu hören, als Oma Rosa sich schließlich bei Gott dafür bedankt, Oscar in ihr Leben geführt zu haben. Als das letzte Bühnenlicht erlischt, kommt kein Applaus. Lange nicht. Ein Stück, das derartig berührt, verdient es, in Stille ausklingen zu dürfen. Schließlich betreten die neun jungen Schauspielerinnen die Bühne – und dann scheint der Applaus schier endlos. Und so wohlverdient wie wohl selten auf einer Schultheaterbühne.

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Claudia Ried, Spielleiterin am GMG

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DJDG: „Mord auf Tele 1“

Mord auf Tele 1 – pointenreicher „Whodunit“ am DJD-Gymnasium

[DJDG, 14.03.2018] Sie denken, Ihr Chef hätte wirklich einige unangenehmen Seiten? Dann haben Sie Harry Hagen noch nicht kennengelernt. Wenn der Programmleiter des qualitätsfreien Privatsenders Tele 1 die 10-Uhr-Konferenz leitet, vergeht keine Minute ohne fiese Tiefschläge, anzügliche Kommentare und widerliche Bösartigkeiten jeder Art. Seine vernichtenden Bemerkungen bekommt nicht nur die Praktikantin ab (Sybille Krestel versteckt hinter der oberflächlichen Knopf-im-Ohr-Jugendlichen geschickt das später enthüllte ernste Anliegen der Figur). Die Redakteurin (durch und durch die professionelle Journalistin: Julia Bäuml) oder die Nachrichtenmoderatorin, aber auch die beiden Reporter werden allesamt Zielscheibe des grenzenlosen Spotts eines echten Ekels.

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Harry Hagen spießt Schwächen seiner Mitarbeiter gnadenlos auf.

Zwei wunderbare Videoeinspielungen zeigen uns dabei, dass Harry Hagen durchaus Grund zur Kritik hat – man lässt im Sportfernsehen den Trainer nicht fünf Minuten ungeschnitten existentialistische Philosophie zum Besten geben (herrlich beredt: Sarah Dimpfl als durchgeistigte Sartre-Epigonin; später als Notärztin ganz professionell). Und wer auch im siebten Anlauf „Tadschikistan“ nicht über die Lippen bringt, ist vor dem Teleprompter fehl am Platz (Theresa Flierl ganz stark als ebenso schickes wie grenzenlos naives TV-Dummchen).

Lena Gimpl gestaltet den fiesen Harry, der alles der heiligen Quote unterordnet, sehr schön – in den wenigen Minuten, die ihr auf der Bühne beschieden sind. Denn schon in der ersten Szene stirbt Harry Hagen – für den Giftmord gibt es jede Menge Motive und alle werden zu Verdächtigen.

elu-F46T0268Aber bevor die Kommissarin die Ermittlungen aufnehmen kann, wird erst der Tote untersucht und weggeschafft – natürlich bei laufender Kamera, denn so ein Mord könnte doch die Quote mal so richtig pushen. Sabrina Wittmann als Gerichtsmedizinerin, Magdalena Neidl als Kriminaltechnikerin und Sophie Wittmann als Sanitäterin sorgen dafür, dass die Leiche auf der Bühne kein Stimmungskiller wird.

Poschmann, der jung-dynamische Reporter, bringt dann die Ermittlungen ins Rollen. Mit den Tricks des Schmuddeljournalismus ist er oft der Polizei ein paar Schritte voraus. Eluisa Uzana, ganz kurzfristig eingesprungen, macht das sehr routiniert. Die grippekranke Erstbesetzung (Annalena Vogel) durften die Zuschauer immerhin in einer der Videoeinspielungen genießen. Der Kontrast ist das Reporter-Urgestein Rudi Hoppe. Johanna Hoffmann zeigt uns sehr überzeugend einen verwirrten Alten, der wohl noch nie auf der Höhe der Zeit war und jetzt vollends zur Lachnummer geworden ist.

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Polizeimeister Schär hat seine Augen überall – auch bei Sprecherin Alina Weber.

Mit dem Auftritt der Polizei erreicht die Kunst des Pointen-Servierens ihren Höhepunkt. In vielen kleinen Szenen spielen sich Anne Winter als Wachtmeister Schär und Clara Dressler als Kommissarin mit präzisem Timing die Bälle zu: Der Wachtmeister, immer nahe dran am Geschehen und vor allem an den weiblichen Zeugen wie Verdächtigen, nie um eine dumme Bemerkung verlegen und in Sachen Selbstbewusstsein und Ahnungslosigkeit nicht zu schlagen. Und die Kommissarin, superunterkühlt und immer Herrin der Lage, die ihn jedes Mal mit spitzer Zunge wieder in die Spur bringt („Die schicken Damen sind jetzt draußen. Sie müssen den Bauch nicht mehr einziehen.“). Zusammen mit den Damen und Herren vom Sender entsteht so eine dichte Folge komischer Momente.

Damit die Zuschauer in der Vielzahl der Mordmotive nicht den Überblick verlieren, geleitet die Putzfrau des Senders durch das Stück. Laura Brugger brilliert hier mit genial verworrenem italienisch-deutschem Kauderwelsch.

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Polizeimeister Schär und Kriminalkommissarin Christina Martini – Gegensätze ergänzen sich.

Aber wer ist der Mörder? Nein, nicht die Praktikantin, die in Harry Hagen den Vater zu erkennen glaubt, der ihre Mutter sitzen ließ. Nicht der dynamische Reporter, dem Harry die süße (aber doofe) Freundin ausgespannt hat. Nicht die souveräne Journalistin, die von ihm aus der Redaktionsleitung katapultiert wurde. Nicht der alternde Hoppe, dem er kündigte. Und auch nicht die einfach strukturierte Nachrichtenmoderatorin, mit der Harry zwar durchaus ein nicht streng berufliches Verhältnis hatte, der er aber trotzdem ein vernichtendes Arbeitszeugnis schreibt.

So war diese Mordsgeschichte ein sehr vergnüglicher Theaterabend, auch dank der perfekten Lichtregie (Madeleine Höreth). Glückwunsch an die pfiffige Truppe und ihren Spielleiter Peter Ringeisen (der auch als Pressesprecher der Polizei eine richtig gute Figur machte). Die Zuschauer dankten mit viel Applaus.

PS: Die Mörderin war übrigens die Putzfrau. Harry Hagen hatte durch widerliche Berichterstattung erst die Karriere und dann das Leben ihrer Tochter ruiniert. Da allerdings die Beweislage dünn ist und die Redaktion in ungeahnter Einigkeit Zeugenaussagen verweigert, kommt es nicht zu einer Anklage.

Christoph Schulz, Spielleiter GMG

Bilder: Bernd Müller (von der Auftaktveranstaltung im Stadttheater – danke!)

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Wahrheit – ein kostbares Gut?

[DJD, 14.03.2017] Wenn sogar schon Präsidenten die Wahrheit verbiegen, dann zeigt das umso mehr, wie brandaktuell das Thema Wahrheit – oder vielmehr die Abkehr davon – ist. Daher legten die Schülerinnen des Decker-Gymnasiums mit ihrer Theatercollage „Alles wahr. Echt.“ den Finger beeindruckend genau an den Puls der Zeit.

Zwar waren es weder 70 000 noch 120 000 Zuschauer, wie die Schauspielerin Johanna Hofmann aus der Q11 in einer gekonnten Trump-Parodie versicherte, doch der Gerhardinger-Saal war am Dienstag, den 14. März, dennoch gut gefüllt.

Das Titel-Thema führte als roter Faden durch das kurzweilige Pottpüree aus Gedichtinterpretationen, Ausschnitten aus verschiedenen Theaterstücken und anderen Literaturvorlagen von Größen wie Ernst Jandl, Kathrin Röggla, Friedrich Dürrenmatt und Goethe sowie einigen äußerst gelungenen Eigenproduktionen.

0__web__dsc_2781.jpgSo überzeugte beispielsweise Anne Winter mit ihrem Geständnis, Mord sei ihr Hobby – nur um schließlich eingestehen zu müssen, dass „Schwimmen“ vielleicht doch die passendere Bezeichnung für die von ihr bevorzugte Tätigkeit sei. Zuvor hatte die Schülerin bereits Theresa Flierl als zögerliche Selbstmörderin überredet, ihr vor dem Sprung noch ihre Wertsachen zu überlassen – und sie schließlich mit einem beherzten Schubs vor einem Sinneswandel „bewahrt“.

Auch Clara Dreßler gab eine wirklich gute Figur ab – und zwar sowohl als Gangsterboss als auch als Klatschtante. Aber nicht nur die Oberstufenschülerinnen überzeugten mit ihrer Darbietung. Auch Katja Huber, Emma Buegger, Magdalena Mandl, Lena Gimpl und Annalena Vogel ernteten zurecht reichlich Applaus.

0__web__DSC_8580Ein weiteres Highlight waren die von Julia Eikam und Laura Brugger herzerfrischend gespielten Szenen aus den „Känguru Chroniken“ von Marc-Uwe Kling, die für zahlreiche Lacher sorgten und schon mit viel Vorfreude erwartet wurden. Die musikalische Einlage von Leonie Weigl und Theresa Flierl gab dem Abend noch eine gefühlvolle gesangliche Note.

Beeindruckend gelangen die Einlagen der Gruppe „Wahlfach Tanz“, wenn auch beim zweiten Tanz zunächst gebremst durch ein technisches Problem, das die Mädchen hinter den Kulissen kurzerhand selbst lösten. Die erste Nummer, ein „Mashup“ aus mehreren Musikstücken, begeisterte durch die Vielfalt an choreographischen Einfällen, und der zweite Tanz bildete zu dem bezeichnenden Titel „Who run the world? Girls“ eine wunderbar peppige Abrundung des Abends, der von Peter Ringeisen (Schauspiel) und Sigrid Ringeisen (Tanz) einstudiert worden war.

0__web__DSC_8589Who run the world? An diesem Abend waren dies zweifelsfrei die Girls des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums.

Claudia Ried, GMG

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Keine verlorene Liebesmüh’

Gelungene Shakespeare-Adaptation an den Dr.-Johanna-Decker-Schulen

[DJD, 30.06.2016]   Eine über weite Strecken frische und freche, insgesamt recht kurzweilige und amüsante Shakespeare-Adaptation gelang der Theatergruppe der Dr.-Johanna-Decker-Schulen unter der Leitung von Peter Ringeisen am 30. Juni mit „Verlorene Liebesmüh“.

16_lll_plakat_djds_juni_webSchon das Plakat mit Schmollmund und Pfauenfeder deutete an, dass da alles andere als eine verkopfte oder verzopfte Klassiker-Rezitation zu erwarten war. Und vom kleinen Anfangs-Gag mit Selfies und Paparazzi bis zum gemeinsam gesungenen „Nehmt Abschied, Brüder“ am Schluss war immer ein Schuss Aktualität zwischen Selbstanpreisung und Selbstironie („Nicht weit von hier ist eine Schule, auf die die besten Mädchen gehen …“), im Spiel, der die etwas surreale Handlung und den oft recht bemühten Wortwitz der eher selten gespielten Shakespeareschen Textvorlage aufpeppte und für das Publikum besser verdaulich machte.

Vor dem zahlreich erschienenen Publikum, das den Gerhardinger-Saal bis auf den letzten Platz füllte, entfaltete sich die groteske Tragikomödie von männlicher Lust (durchschaubar umetikettiert als „Verliebtheit“) und männlicher Realitätsferne (ein Eid, den niemand halten kann und der auch sofort gebrochen wird) – gezähmt, geerdet und ad absurdum geführt gleichermaßen durch weibliche Klugheit.

4_alle4_xDie gekrönten Protagonisten der beiden Welten (majestätisch: Verena Kosel als König von Navarra und Selina Messer als Prinzessin von Frankreich) geben einander nichts nach, und ihre jeweils drei untergebenen Edelleute (überzeugend vor allem Kristin Grüneich als Berowne, aber auch Magdalena Schütz und Lena Gimpl) bzw. Edeldamen (kokett-berechnend: Emily Hoppe, Clara Dressler und Isabella Graf, aristokratisch: Sarah Pickel als Boyet) umkreisen einander so höfisch-galant wie eiskalt berechnend, mit fein ziselierten Sprachsticheleien und übertriebenen Schmeicheleien als präzis gesetzter Wortwaffe.

Das komödiantische Element wird verkörpert einerseits durch den „bäurischen Narren“ Wirsing (talentiert: Theresa Schleicher), der die Liebesbriefe der adligen Herren (absichtlich?) durcheinanderbringt, aber die Lacher des Publikums erntet, mit seiner nicht allzu treuen Geliebten Jaquenetta (bodenständig: Sabrina Wittmann), andererseits durch den spanischen Edelmann Adriano de Armado (dauer-„verliebt“: Jennifer Niedermeier), der mit seinem Diener Krümel (Johanna Hofmann) ein don-quijoteskes Paar abgibt. Ein Wachtmeister (in Bundeswehr-Uniform: Evelyn Doban) ein hyperintellektueller Schulmeister (Emma Buegger) und ein Pfarrer (Magdalena Mandl) komplettieren als bierdimpfelndes Trio das kunterbunte Figurentableau des Stückes.

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Die DJD-Theatertruppe, altersmäßig weit gespannt von Sechstklässerinnen bis Abiturientinnen, war gut einstudiert, was Sprechen und Positionierung auf der Guckkastenbühne betraf, auch das Seitenaus und der Saal wurden mit bespielt. Gut ausgesuchte Musikeinspielungen zwischen den Szenen und Auftritten erzeugten die richtige Atmosphäre und Erwartungshaltung beim Zuschauer.

Sehr gelungen war auch die Kostümierung, die zum einen das Problem der vielen Hosenrollen dadurch löste, dass die „echten“ Frauen in überbordenden bonbonfarbenen Galaroben klar erkennbar waren, zum anderen durch kleine, nicht unbedingt historisch getreue, aber gut gesetzte Akzente (z.B. Krawatten, Lederhosn und Dirndl) dem Zuschauer optische Hilfen zur Einordnung der Figuren gab.

Ebenso pointiert wurden bestimmte Requisiten eingesetzt: überdimensionierte Plüschbären als Geschenk der Galane an die Edeldamen, die so simple wie effektive Maskierung derselben wie auch ein Abakus als Rechenhilfe für die schwierige Aufgabe der Umrechnung von Zoll in Meilen.

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Der geschickteste Regieeinfall war zweifellos, das „Spiel im Spiel“, das bei Shakespeare aus einer Aufführung der „Neun historischen Helden“ bestand, aus dem Kontext des Stückes heraus kurzerhand ins DJD (dem Publikum erklärt als „Die jungen Diven“) zu holen und es damit zu einer Schul-Aufführung im besten Sinn zu erweitern. „Echtes“  und gespieltes Publikum konnten sich gleichermaßen an einer kleinen Leistungsschau aus Musik (Saxofon-Solo: Carmen Huber, Blockflöten-Ensemble) und Tanz erfreuen. Insbesondere die mitreißende Ballett-Einlage, einstudiert von Sigrid Ringeisen, bekam enthusiastischen Beifall.

Zurück in Shakespeares Welt, werden die Spieler abrupt aus ihrer galanten Traumwelt in die Realität geholt, denn die Prinzessinnen müssen auf Grund eines Todesfalles überhastet abreisen.

Worüber das Stück ging? Letztlich um die „Liebe“ in allerlei Varianten. Ein Thema, das gerade im Gymnasiasten-Alter so viel elementarer als etwa Mathematik oder Geographie in unser Leben eintritt, hat Shakespeare auf Scherz, Geplänkel und Galanterie reduziert.

Verlorene Liebesmüh’? Nicht am Publikum im Gerhardinger-Saal, das einen gelungenen Schultheater-Abend mit lang anhaltendem Beifall belohnte.

Peter Seidl

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