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Humorvolle, herzergreifende und handverlesene Heldengeschichten

… vom alten Rom, über die Märchenfigur Peter Pan und Super Marios Bemühungen, seine Peach zu befreien.

Die Berufliche Oberschule Amberg führte an zwei Abenden zum Thema „Helden“ unter der organi-satorischen Leitung Walter Harbauers und der Mitwirkung zahlreicher Kollegen der FOSBOS zwölf verschiedene Stücke auf, die das Publikum mit auf die Reise in faszinierende, vergangene und fiktive Welten nahmen: 186 Schülerinnen und Schüler begeisterten mit selbstgeschriebenen Texten und Parodien, zauberhaften Kostümen sowie aufwendigen Bühnenbildern und musikalischen Einlagen.

„Heroes“ (just for one day) von David Bowie leitete musikalisch die Moderation der charmanten Schülerinnen K. Schenkl und K. Gundel (BW13) ein, die mit pfiffigen Dialogen die inhaltlich facettenreichen Theaterstücke ansagten. Die aufwendige und technisch moderne Präsentation stellte zunächst nachdenkliche Überlegungen an, gesprochen von D. Hierl (FT12b), S. Stammler/Ch. Auerswald (FS12c): Ist es die gesellschaftliche Situation, die jemanden zum Helden werden lässt? Träumen nicht alle ein wenig vom Heldendasein? Und wer zählt eigentlich zu den Helden unserer Zeit? – Künstler? Schauspieler? Musiker? Oder sind doch eigentlich nur diejenigen Menschen zu nennen, die anderen in Krisenzeiten helfen: Notärzte oder Feuerwehrmänner beispielsweise?

In den Fragen eines lesenden Arbeiters versucht eine bemühte Schülerin (M. Ermold, FS11d) beim morgendlichen Frühstück ein geschichtliches Kreuzworträtsel zu lösen. Ihr zeitungsbegeisterter Vater (D. Hirschmann, FS11b) erklärt, dass Alexander der Große wohl kaum allein Indien erobert habe. Auch die Mutter (Th. Winkler, FS11b) spielt mit eingedrehten Lockenwicklern die akkurate Hausfrau und steht mit Rat und Tat zur Seite – Kohl wird schließlich doch noch erkannt, als Wegbereiter der Wiedervereinigung und als Gemüsesorte.

Schiller trifft Brecht verlangte nicht nur schauspielerisch einer talentierten Johanna von Orléans (St. Rascher, BWS12) einen dramatischen Tod ab, sondern erzählte zugleich auch die Geschichte der Johanna Dark (M. Ritz, BS12), die auf den Schlachthöfen Chicagos den Glauben an Gott näherzubringen versuchte – die streikenden Arbeiter (8) protestierten lautstark vor den Toren der Reichen und Mächtigen. Moderne Bilder und schwierige Szenen wurden flüssig und ausdrucksstark erzählt.Image

Gespielte Liebe kennt kein Game over enthielt selbstmusizierte Elemente und besonders aufwendige Requisiten. Super Mario wurde wiederbelebt, die Bühne galt hierbei als Computerbildschirm: Besonders effektvoll der Klempner Mario mit blauer Latzhose (N. Peter) und seine hartnäckigen Anstrengungen, die geliebte und süße Peach (D. Fischer) zu befreien – gelegentlich musste dabei allerdings gestorben werden – Game Over war jedoch überwindbar, denn die drei Spieler/innen (M. Akkoyun/J. Donhauser/N. Akar) hatten die Ruhe, ihr Glück erneut zu versuchen (alle FS12a).

Ein bisschen Wind wurde in der nächsten Heldengeschichte herbeigesehnt: Der Sprechgesang der zehntausendköpfigen Armee verdeutlichte, dass man die Götter mit einem Menschenopfer milde stimmen musste, um die Windstille endlich überwinden und nach Troja in See stechen zu können: Iphigenie (F. Schmeiler, FS12c/K. Piehler, FW13/Doppelrolle) findet sich schließlich mit ihrem Schicksal ab, tröstet die herrlich aufgetakelte Mutter Klytämnestra (St. Rascher, BWS12) und vergibt ihrem geliebten Vater Agamemnon (St. Meier, FW13), der sich pathetisch für das griechische Volk einsetzte – der Wind trägt die Armee jedoch schließlich alle in den Tod.

Die Hauptrolle des Stückes Kein Tag ohne Hahn war wegen der kurzfristigen Erkrankung eines Schülers spontan mit dem Lehrer Winfried Sima besetzt worden. Die pfiffige Fabel um die Tiere der Nacht und den Hahn Xaver sorgte für viel Amüsement – der schlaue Fuchs (S. Voigt, FS11c), die begriffsstutzige Fledermaus (A. Wegert, FS11c), die neunmalkluge Eule (N. Termer, FW11c) und die intrigante Ratte (S. Fischer, FS11c) zwangen die Amsel (J. Moebus, FS11c), ein gut gehütetes Geheimnis zu verraten: Nur wenn der Hahn kräht, wird der Morgen anbrechen. Da sich dieser jedoch in eine Fasanenfrau (K. Seifert, FS11c) verguckt hat, muss er sich gegen Vladimir, den Kampfhahn (J.-M. Müllner, FW11c) beweisen. Es dauert eine Weile, bis er erkennen wird, dass sein Platz doch inmitten seiner Eier legenden Hühner ist (K. Michelis, FW11c und Wegert/Voigt).

Der Brudermord Kain und Abel zeigt die Reue des älteren Bruders (S. Stammler), der aus Neid Abel (Ch.Auerswald, beide FS12c) erschlug und sich wünscht, seine Tat ungeschehen zu machen.

Romulus der Große (K. Hirschmann, BT11) wird von seiner Julia (J. Voss, FS11d) kritisiert, sich nur fürs Fressen, Saufen und Faulenzen zu interessieren. Doch der übertriebene Ehrgeiz seiner Gattin geht dem römischen Kaiser gewaltig auf die Nerven, denn genau dadurch will er das Imperium Romanum zugrunde richten. Eine friedliche Unterhaltung mit dem Germanenfürst Odoaker (F. Bieberstein, BT12a) über Hosen und gekosteten Spargelwein sowie ein lustiger Bote und Soldat (B. Galler/Ch. Wonneberger, BT11) fokussieren trotz humorvoller Passagen die Heldenthematik wieder kritisch.

Das bayerisch-sächsische Romeo und Julia 4.0 reloaded hatte den „Shakesbier“ einmal ganz anders umgedeutet: Im Kirwazelt und mit dem Slogan „Schönheit vergeht, Hektar besteht“ entscheidet sich zunächst unser Romeo (D. Ernemann) für die transsexuelle Julia (D. Schuller), die bestürzt das Weite sucht, als ihr schließlich klar wird, dass ihr Geliebter neben seinem besten Freund Guido (J. Heil, alle BW12b) aufwacht (und sich in ihn verguckt hat).

I am Pan! versetzt die zerstrittenen Protagonisten in die Menschenwelt, wo Verhaftungen und Ausgrenzungen die Folge sind. Der talentierte Peter Pan (K. Olival) begeisterte mit Tanzeinlagen und exzellenter Mimik das Publikum, der böse Kapitän Hook (S. Steininger) und das freundliche Krokodil (F. Siegert, alle FT12b) begegnen den Polizisten und den Greenpeace-Vertretern (S. de Santana, FT11c/B. Leikam/A. Welsch, beide FT12b) – ein Held im Märchen zu sein ist immer leichter als im wahren Leben.

Die nachdenklichen und wortgewaltigen Szenen aus Woyzeck zeigen einen verzweifelten Hauptprotagonisten (T. Raß, BS12), der von seinem Doktor (M.Stoinski, FS11c) drangsaliert wird und seine geliebte Marie (F. Schulze, BWS11) mit dem arroganten Tambourmajor (St. Brückner, FT11a) teilen muss. Als er von der Affäre erfährt, sticht er sie tot.

Die Querflöte lässt Tamino (D. Graßler) durch drei emanzipierte Prinzessinnen (E. Böpple/V. Haller/A. Brands) vor einem bösen Drachen (S. Streher) retten. Der Märchenerzähler (M. Kilimann) muss seine Darsteller jedoch immer wieder anweisen, rechtzeitig auf die Bühne zu kommen oder endlich auszuziehen, um die wahre Prinzessin vor dem Bösewicht (M. Kurz) zu retten. „Und wenn sie nicht gestorben sind, so rennen sie noch heute“ – denn die ersehnte Bekanntschaft mit der Maid (C. Zydek, alle BW11) verschwindet nach der ersten Begegnung schnell: Sie ist hässlich.

Am Ende der gelungenen Aufführung galt für alle mitwirkenden Schülerinnen und Schüler: Jeder war für (mindestens) einen Tag ein Held.

Sophie Zienecker

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