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Bedrückendes Kapitel der Geschichte beeindruckend in Szene gesetzt

Die Theatergruppe der Ober- und Mittelstufe des Erasmus-Gymnasiums spielt ein Theaterstück zur Hexenverfolgung

Der Vorhang öffnet sich, auf der Bühne steht ein in Folie eingepacktes Malergerüst. Die darauf sitzenden „Hexen“ schleudern dem Zuschauer Fragen wie in einem „hochnotpeinlichen“ Verhör entgegen, während sie die Wand aus Folie aufbrechen.

Von Beginn an lebt das Stück „Hexenhammer“, das die Spielleiterin Uta Löw mit ihrer Schulspielgruppe einstudiert hat, von betroffen machenden und im Gedächtnis bleibenden Bildern. Diese Bilder sind verwoben mit der Geschichte der schwangeren Bäuerin Hanna (ergreifend gespielt von Olga Reich), die eine Totgeburt erleidet und daran zerbrechen wird. Wer trägt Schuld? Ist es der Soldat, der um ein Stück Brot bettelt und ihr über den Bauch streicht – später wird sich dieser Soldat sogar als Teufel erweisen. Oder hat die Totgeburt die Hebamme (Jana Suksaev) verursacht, der man – wie in dieser Zeit üblich – hexerische Kräfte zusagt. Die Nachbarinnen werden jedenfalls nicht müde sich das Maul zu zerreißen.

Hannas Mann (Lorenz Friedl) lässt sich von ihnen beeinflussen, hat Angst um den guten Ruf und stellt sich letztendlich gegen seine Frau. Die Inquisitoren (Constanze Schneider, Maximilian Bäumler) zerlegen bereits in der Mitte des Stücks mittelalterliche Texte zur Stellung der Frau rezitierend eine Schaufensterpuppe, die sinnbildlich für die zunehmend in Wahnsinn verfallende Hanna steht. Diese fühlt sich mit dem totgeborenen Kind immer noch verbunden und legt ihm eine Puppe auf das Grab, was die Nachbarinnen zu erneuten Tratschereien veranlasst. Auch der Bauer versteht das Verhalten seiner Frau nicht und verdeutlich ihr, dass das Kind bei den Ungetauften liege, wo der Teufel einen leichten Zugriff habe. Von den Einflüsterungen der Inquisitoren beeinflusst, distanziert sich Hannas Mann zunehmend von ihr und sieht in der Hebamme die Schuldige. An ihr erfährt der Zuschauer, was es bedeutet, eine Ausgestoßene der damaligen Gesellschaft zu sein. Dennoch, sie hat Mitleid mit Hanna und gibt ihr eine Salbe gegen deren Depressionen. Aufgetragen auf der Haut bewirkt das Medikament bei Hanna einen Rauschzustand, in dem sie losgelöst von allem Irdischen zu tanzen beginnt, anschließend ihrer toten Tochter begegnet und am Ende dem Teufel (erschreckend dämonisch gespielt von Eduard Kugel) verfällt.

Währenddessen tratschen die Nachbarinnen erneut und sagen abergläubische Reime auf. Aus deren Erzählungen erfährt der Zuschauer nun, dass man die Hebamme geholt habe, weil sie tote Kinder ausgegraben und zu Salben verkocht hätte. Schließlich wird auch Hanna von den Nachbarinnen als Hexe beschuldigt. Dass es für sie kein Entkommen geben wird, verdeutlicht das gebetsmühlenartige Aufsagen von Texten des „Hexenhammers“. Die Inquisitoren stehen im Zuschauerraum, was die Szene auf der Bühne noch bedrohlicher wirken lässt. Hanna wird dort hochnotpeinlich befragt und stirbt während des Verhörs.

Dass der Applaus anfangs nur zögerlich einsetzt, lässt erkennen, wie betroffen das Stück gemacht hat. Die schauspielerische Umsetzung dieses ernsten und erschreckenden Themas verdient die höchste Anerkennung. Es gehört sehr viel Mut dazu, mit Schülern ein so bedrückendes Kapitel der Geschichte spielerisch umzusetzen, doch ist der Erfolg umso größer, wenn diese Umsetzung wie hier gelingt. Nur schade, dass zu wenige Zuschauer in den Genuss dieser beeindruckenden Aufführung kamen.

Andreas Hilgart (DJDR) (12.04.2011)

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