30. Amberger Schultheatertage beginnen mit abwechslungsreichem, attraktivem Querschnitt
Die 30. Amberger Schultheatertage begannen ihr rundes Jubiläumsjahr am 10.02.2023 mit einer bunten, abwechslungsreichen und durchwegs unterhaltsamen Auftaktveranstaltung im Stadttheater Amberg. Elf Theatergruppen konnte Bürgermeister Martin Preuß begrüßen. Drei inhaltliche Schwerpunkte zeigten sich: Das Thema des Außenseiters und der durch Mobbing Ausgeschlossenen wurde mehrfach behandelt; der Spaß am Rätsellösen und Ermitteln im Genre des Krimis kam öfter vor; und die Beschäftigung mit Vorlagen aus der Literatur brachte Klassiker auf die Bühne.
Den Anfang machte die Musicalklasse (5. Jgst.) des Max-Reger-Gymnasiums unter der Leitung von Tobias Kober und dem Lehrkräfteteam MK5 mit einem Ausschnitt aus „Der Tag, an dem es ‚Flupp‘ machte“ (Kindermusical von Jutta Hamprecht-Göppner und Tobias Wenkemann). Der Chor der Musicalklasse führte schwungvoll und unerschrocken in die Welt von „Maratonga“ ein, kleine Action-Szenen wurden gut integriert, um die Vorlieben der unterschiedlichen Gruppen darzustellen – und die in Blau getauchte Hauptfigur „Flupp“ zeigte ihr Bemühen, Anschluss zu finden in dieser Welt.
Einen einminütigen Kurzbericht über die Auftaktveranstaltung sendete der Regionalsender „Oberpfalz TV“
Eröffnung der 30. Amberger Schultheatertage
Mit der Theatergruppe der 5. und 6. Jahrgangsstufe des Gregor-Mendel-Gymnasiums hatten Elke Leibig und Annalena Egerer eine peppige Szenenfolge aus „Lucky Luke – der glorreiche Westernheld“ einstudiert, und schon der erste Anblick wurde durch die perfekte Kostümierung zum Genuss – auch die Schminkabteilung hatte beste Arbeit geleistet. Doch nicht nur durch ihr Aussehen, sondern auch durch überlegte Choreographie und sichere Gestik und Mimik überzeugten die vier Daltons, die vier Waltons und ihre Mitspielerinnen.
Brigitte Bodensteiner und Thomas Spörer hatten sich mit ihrer Gruppe „Theaterfieber“ von der Franz-Xaver-von-Schönwerth-Realschule Märchenmotive vorgenommen, vor allem aus Rotkäppchen, und daraus zusammen mit den Spielerinnen und Spielern das Stück „redhood crime – Märchen VERrückt“ entwickelt. Aus anscheinend ziellos durcheinander laufenden Figuren lösten sich Einzelne, traten nach vorn, um durch in Silben zerlegte Märchenbegriffe zu verkünden, aus denen sich der Zuschauer mit dern Zeit einen Sinn hinter dem Ganzen selbst konstruieren konnte – soweit, dass das Publikum sogar einzelne Wörter im Chor mitsprechen konnten (dezent unterstützt durch Sprechblasen auf der Bühne). Eine geschlossene Ensemble-Leistung!
In dem Ausschnitt aus „Ruhm“, das die Gruppe „Die Eulenspieler“ vom Erasmus-Gymnasium unter der Leitung von Sandra Häusler nach einem Theaterstück von Ilse Hilpert und Beate Höhn-Marten gestaltet hatten, ging es zunächst noch gar nicht um Ruhm, sondern um Ausgeschlossen-Sein. Die sympathische und musikalische Charlotte darf bei keiner der Cliquen ihrer Klasse dabei sein – sie wird weggeschickt und verspottet. Zum Glück hat sie eine nicht nur sehr einfühlsame, sondern auch gewitzte und technisch versierte Oma, die eines von Charlottes Liedern auf YouTube hochlädt … und der Ruhm stellt sich ein.
Zwei Krimis rundeten die erste Hälfte vor der Pause ab: Die Theatergruppe der Unterstufe des Max-Reger-Gymnasiums präsentierte eine Adaption des Romans „Das indische Tuch“ von Edgar Wallace (nach Bernd Spehling), und zwar als „interaktive Kriminalkomödie zum Mitraten“. Dass das Raten durchaus knifflig wird, konnte man daran sehen, dass kaum einer der Verwandten, die zur Testamentseröffnung des Mordopfers eintreffen, besonderes Mitgefühl zeigte – alle schienen mehr am Testament interessiert zu sein, und die unterschiedlichen Charaktere machten neugierig auf den Ausgang dieser Geschichte.
„Die wilden 13“, Theatergruppe der 6. und 7. Jahrgangsstufe des Gregor-Mendel-Gymnasiums, kamen mit einer selbst entwickelten Kriminalgeschichte: „Nur der Schein zählt“. Christoph Schulz hatte seine Truppe in einer Seniorenresidenz platziert … und dort tauchen unerwartet plötzlich sehr viele Geldscheine auf, von denen niemand zu wissen scheint, wem sie gehören und wo sie sich gerade befinden. Nur zum Schein sind die Seniorinnen und Senioren harmlos, und auch die Pflegekräfte sind wohl nur scheinbar fürsorglich – das kann noch spannend werden.
Mit einem literarischen Klassiker begann die zweite Hälfte. Die Spielerinnen der 7. bis 11. Jahrgangsstufe der Dr.-Johanna-Decker-Schulen (Leitung: Florian Hackl und Peter Ringeisen) präsentierten mit einem Augenzwinkern Ausschnitte aus Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“, bei denen die zunächst vorherrschenden Gefühle der beiden jungen Liebespaare untereinander zum Ausdruck kamen, aber auch die Quirligkeit von Puck, die Herrscherinnen-Attitüde von Titania … und der Eindruck der Handwerker, dass niemand sie ernstnimmt – da täuschen sie sich natürlich!
Noch einmal ging es nun ins Krimi-Genre mit „Der Tote im Zug“, einer umgeschriebenen Fassung eines berühmten Romans von Agatha Christie, der in einem Schnellzug aus dem Orient spielt. Die Theatergruppe „Die Oscars“ vom Gregor-Mendel-Gymnasium unter der Leitung von Claudia Ried ging mit den Handlungselementen des Romans sehr kreativ um und setzte an den Anfang gleich mal die Autorin als Figur auf ein Sofa, und je mehr sie schrieb, desto mehr Romanfiguren umgaben sie – ein schönes Bild für die sich materialisierende Fantasie der Autorin. Man kann gespannt sein, was den „Oscars“ sonst noch alles einfällt bis zur Premiere.
Die Theatergruppe der Mittel- und Oberstufe des Max-Reger-Gymnasiums ging unter der Leitung von Simone Nimmerrichter an den Dürrenmatt-Klassiker „Die Physiker“ mit dem Vorsatz heran, die Relevanz dieses Stücks im digitalen Zeitalter zu überprüfen. Wie das geschehen wird, war in dem Ausschnitt noch nicht zu erkennen, dafür aber lernte man die seltsame Welt kennen, in die sich die Wissenschaftler begeben hatten – ein Sanatorium –, und auch die nicht weniger seltsame Welt, die sich die Physiker in ihren Köpfen zurechtgebastelt haben – mit eigenen (un)moralischen Grundsätzen.
Nach diesem sehr ernsten Stoff zeigten die Mittel- und Oberstufe des Erasmus-Gymnasiums (Leitung: Elisa Romfeld) die heiteren Seiten … eines ebenfalls ernsten Stoffs: Was geht im Kopf eines Teenagers vor, der unbedingt zu einer Party gehen möchte, deren Besuch die Mutter soeben streng verboten hat? „Schmetterlinge im Kopf“ nennt die Gruppe ihr selbst entwickeltes Stück, und der zentrale Kniff, der das Ganze so munter und pfiffig machte, war die Verkörperung aller zum Teil widersprüchlichen, zum Teil einander verstärkenden Gefühle durch eine je eigene Darstellerin. So wüteten die „Wut“ und die „Lebensfreude“ über das Verbot, die „Angst“ dagegen riet eher davon ab, etwas Riskantes zu unternehmen – und währenddessen versuchte der „Intellekt“, die Oberhand zu behalten (und musste feststellen, dass nicht alle auf ihn hören wollten).
Den Schlusspunkt setzte wieder ein eher düsteres Stück – auch dies an eine literarische Vorlage angelehnt: „Der Herr der Fliegen“ nach William Goldings Roman wurde vorgestellt von den Spielerinnen der Jahrgangsstufen 7 bis 12 der Dr.-Johanna-Decker-Schulen, einstudiert von Florian Hackl, Peter Ringeisen und Grzegorz Szlanga. Ganz ohne gesprochenen Text, nur mit Toneinspielungen und reduzierten Bewegungen stellten die Akteurinnen den Flugzeugabsturz und ihre Notlandung auf einer einsamen Insel dar – worauf sie herausfanden, dass kein Erwachsener das Unglück überlebt hatte. Auf eine baldige Rettung konnten sie nicht hoffen, denn sie hatten mitbekommen, dass ein Atomkrieg herrschte; und so mussten sie versuchen, allein ein Gemeinwesen zu organisieren, um überleben zu können. Dass dabei auch dämonische Kräfte in Einzelnen ihre Wirkung entfalteten, wurde in der letzten gezeigten Szene deutlich, in der der „Herr der Fliegen“ zu Wort kam.
Es wurde oft und ausdauernd geklatscht an diesem Auftaktabend, und die Spielleiterinnen und -leiter waren sich einig, dass die Mischung aus unterschiedlichen Stilen und Sujets den besonderen Reiz dieses Stadttheatertermins ausmacht. Für die organisatorische Betreuung und Umsetzung sprachen sie dem Kulturamt der Stadt Amberg, im Besonderen Dr. Florian Kern, Barbara Hauck und Theatermeister Thoralf Kotlenga ihren herzlichen Dank aus; auch dem Sponsor, der Sparkasse Amberg-Sulzbach, galt der Dank der Theaterlehrkräfte.