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Der RacheZug reißt mit

[GMG, 29./30.03.2023] Verspätungen, fehlende Sitzplatzreservierungen, ausfallende Züge… Die Oscars – in allen erwähnten Bereichen vorbildlich – haben nun das vollbracht, was sich das eine oder andere Bahnunternehmen wünscht: Glückliche und gänzlich begeisterte Gesichter am Ende einer zu kurzen Reise auf der Bühne des Gregor-Mendel-Gymnasiums!

Damen im Abendkleid, Herren in Anzügen, Taschenuhren und auffällige Broschen – diese Details entführten die Zuschauer in eine andere Welt. Die liebevoll zusammengestellten Kostüme harmonierten wiederum perfekt mit dem Bühnenbild, wodurch der Zuschauer auf eine Zugreise der ganz besonderen Art mitgenommen wurde. Wie viele Flohmärkte besucht werden mussten, um so viele Requisiten zu organisieren, will man gar nicht wissen.

Aber Spielleiterin Claudia Ried setzte sich nicht nur bei den Requisiten keine Grenzen, sondern auch bei den Schauspielerinnen. „Ein erfolgreiches Abitur ist noch lange kein Grund, die Theatergruppe des GMG zu verlassen!“, dachten sich wohl Ayana Bauer und Ida Hanft. Ob nun durch Zufall oder absichtlich, die erfahrensten Darstellerinnen spielten die gegensätzlichsten Rollen. Während sich Ida frei und losgelöst als Künstlerin Betty Ravenport bewegen durfte, war mit Lisa Owens eine Figur absoluter Sittlichkeit auf der Bühne platziert worden. Und wie sollte es auch anders sein: Beide überzeugten in ihren Extremen und bereicherten die Zugreise mit einem sowohl rhetorisch als auch inhaltlich geschickt platzierten Dialog, in welchem der Ermittler Monsieur Recule, gespielt von Simon Böller, eine weitere zentrale Rolle einnahm. Dieser musste den Spagat meistern, einerseits das Publikum mit gelungenen Pointen zu erheitern, andererseits aber auch die Ermittlungen voranzutreiben. Dass Letzteres eher im Kompetenzbereich von Madame Pernot, gespielt von Marion Hopfenzitz, zu finden ist, macht diese bereits mit ihren ersten Worten deutlich. Beide führen nicht nur die Ermittlungen, sondern auch das Publikum durch das Geschehen.

Die entstehenden Lücken der Handlung, die nur durch einen Erzähler geschlossen werden konnten, wurden exakt so gefüllt: In der Rahmenhandlung trifft die Autorin Agatha Christie (sehr überzeugend und charmant: Annalena Egerer), ebenfalls auf einem Bahnhof, den berühmten Piloten Charles Lindbergh, gespielt von Michael Sauer, und erzählt diesem häppchenweise von ihrem neuesten Roman. Lindberghs trauriges Schicksal dient der Autorin als Inspiration für „Der RacheZug“. Und so bekommt Herr Lindbergh nicht nur einen anderen Verlauf seines Lebens präsentiert, sondern auch die Gewissheit, dass der Mörder seiner kleinen Tochter zur Rechenschaft gezogen wurde. Luis Lopez Schmidt gibt dabei alles, dass der Zuschauer keinerlei Sympathie mit Herrn Butler, dem erfolgreichen Geschäftsmann und Mörder, aufbauen kann. Sein unmittelbarer Bühnentod folgt daraufhin in Kürze, und weder sein schneidiger Leibwächter (Mateo Seemann) noch sein diensteifriger Sekretär O´Neill (Phillipp Madl) können (oder wollen) dies verhindern.

Das Ende wird nun vorweggenommen: Alle an der Handlung beteiligten Personen wünschen sich den Tod Samuel Butlers, wodurch auch jeder ein Motiv besitzt. Daran werden bald auch die erwähnten Ermittler – zum Glück – „scheitern“…

Zuvor müssen aber all die Verflechtungen, Verbindungen und Geheimnisse entwirrt und aufgedeckt werden. Zugchef Miller, gespielt von Tobias Hetzenecker, erscheint dabei als einfacher Fall, denn warum sollte er den Ruf seines Zuges durch einen Mord gefährden? Einfach war an dieser Rolle aber nichts, denn Tobias muss im Laufe des Abends nervös, charmant, aufgeregt, verwirrt usw. gleichzeitig spielen, und als wäre das noch nicht genug, auch seine gesanglichen Talente zusammen mit Simon Böller unter Beweis stellen. Margaret Fairchild (Marietta König) kann dies genüsslich rauchend noch in Ruhe beobachten und dabei eine unschuldige Lebensfreude verströmen. Umso überraschender, dass sie als Erste den Mord gesteht. Natürlich erst, nachdem auch sie eine kleine Tanzeinlage absolviert hat. Diese unterbrechenden Elemente, gepaart mit pointierten Spitzen, gestalteten den Abend zu einem echten Erlebnis.

Mit Schauspielerin Alex Schuvalov konnte der Zuschauer durchaus Mitleid verspüren. Wer möchte schon als „alte Hexe“ bezeichnet werden, und das nicht nur einmal? Aber für Prinzessin Romanov durchaus zutreffend, was ihre Zofe Miss Wagner bestimmt bestätigen kann. Lili Popelau muss sich nun wiederum den Vorwurf, „eine graue Maus zu sein“, gefallen lassen –  nicht nur von Prinzessin Romanov, sondern auch von Herrn Butler. Am Ende sah dies aber auch der Zuschauer so, weil Lili ihre Rolle einfach gut spielte, wie alle scheinbar „kleinen“ Rollen dies an diesem Abend taten. Hier zu nennen ist auch die Gräfin Annabelle (Alina Kraheberger), schön, gut erzogen und aus bestem Hause, die am Ende gebrochen von ihren Albträumen erzählt; der Schaffner Laurent (Felix Scharf), der eine köstliche wienerische Freundlichkeit präsentiert. Zuletzt, aber nicht weniger wichtig, sind Lea Rittner (als Mary Cumberland) und Jakob Bothner (als Giovanni Lombardi) zu nennen, die beide vieles darstellten, aber nicht den typischen Autoverkäufer und das typische Kindermädchen, denn auch ihr Leben veränderte sich durch den Mord an Lucy maßgeblich.

Nicht nur die Zuschauer an diesen zwei Abenden waren begeistert, sondern auch Bertolt Brecht wäre gänzlich erfreut gewesen, spätestens als mit Hilfe eines Schattenspiels die Mordtat aufgedeckt wird.

Reichlicher Applaus belohnte die „Oscars“ und ihre Regisseurin für ihr unterhaltsames und originelles Stück.

Florian Hackl
(Schultheaterleiter an den Dr.-Johanna-Decker-Schulen)

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„Krimiges Gruselstück“ mit Schwung und Pfiff

Theatergruppe 7.-9. Kl. des GMG spielte „15 kleine Negerlein“ (nach Agatha Christie)

Das GMG spielt einen Krimi - und leise gleitet das Boot über den See. - Anklicken, um weitere Fotos zu sehen.

"15 kleine Negerlein" - so lautet das Kinderlied, nach dessen Takt der Krimi abläuft - Anklicken, um weitere Fotos zu sehen.

„Fünfzehn kl…“ – Moment mal, waren das denn nicht immer „zehn“? Stimmt schon. Aber wenn eben so viele Theaterbegeisterte bei dem Stück mitspielen wollen, da fügt man flugs ein paar Rollen dazu, meinte Spielleiterin Claudia Ried. Und das ist ihr, ebenso wie die ganze Inszenierung, ausgezeichnet gelungen.

Die Handlung ist schnell erzählt. Einem geheimnisvollen Gastgeber gelingt es, fünfzehn Personen in ein Landhaus zu locken, das schwer zugänglich auf einer einsamen Insel liegt. Dort werden diese Gäste gleich beim Abendessen mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Alle hätten angeblich ein schweres Verbrechen auf dem Gewissen, und müssten deshalb nun der Reihe nach sterben. Der Gastgeber bleibt weiterhin unerkannt, denn die Anklage kommt von einem Tonband, und so wissen die verunsicherten Besucher weder, wer sie denn nun dorthin bestellt hat, noch, ob die erhobenen Vorwürfe der Wahrheit entsprechen. Sie sind schon fast geneigt, alles für einen sehr schlechten Scherz zu halten, doch da fällt bereits der erste tot um. Und so ereignen sich alle paar Minuten weitere Todesfälle, wie es sich für einen Krimi gehört – das Makabere daran ist, dass die Personen jeweils das Schicksal ereilt, das in dem Kinderlied „Fünfzehn kleine Negerlein“ vorkommt, und das Lied endet damit, dass keiner mehr übrig bleibt.

Bald wird den Anwesenden klar, dass einer von ihnen der Mörder sein muss, der das alles eingefädelt hat. Nur zwei überleben schließlich, die sich ineinander verliebt haben und sich deshalb gegenseitig vertrauen. Das Ganze ist eingebettet in eine originelle Rahmenhandlung, in der eine ehrgeizige Journalistin einen ziemlich coolen (und etwas verwirrten) Kriminalinspektor interviewt und ihm die letzten Geheimnisse entlockt.

Die turbulente Krimigeschichte nahmen die Spielerinnen und Spieler immer mit einer Prise Humor und glänzten in heiklen Situationen auch durch Improvisationsgeschick. Charmante Effekte wurden zum Teil mit ganz einfachen Mitteln erzielt, beispielsweise wie durch die Bewegungen der Passagiere deutlich wurde, dass der Bus über eine holprige Straße rumpelte, oder wie durch entsprechende Sitzordnung, ein paar Stangen und geschickte Beleuchtung die Illusion eines in die Abenddämmerung gleitenden Ruderboots entstand.

Allen Darstellern war die Freude am Theaterspielen anzusehen, und so seien sie auch alle genannt, in der Reihenfolge ihres Auftretens: Pauline Lay, Alexander Türk, Nadine Treutel, Barbara Winkler, Vanessa Richter, Meike Pfeiffer, Constanze Gierl, Jonathan Grothaus, Alisa Mändl, Antonia Schmidt, Lena Härteis, Julia Hetzenecker, Jessica Oetter, Martina Mikuta, Quirin Langer, Sarah Hepp, Franziska Neuser, Anna Shalsi und Kathi Knab.

Studienrätin Claudia Ried konnte stolz sein auf ihre Truppe, die die Gefahren des gruseligen Stücks schwungvoll und unterhaltsam gemeistert hatten. Begeisterter Applaus des Publikums, ganz zurecht.

Peter Ringeisen (DJDG)

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