Monatsarchiv: Februar 2013

Landpartie macht glücklich

Bildergalerie von der Aufführung

Sieht so wahre Liebe aus? (mehr Bilder -> klick!)

„Du machst mich glücklich“: Diese Zeile des Abschlusslieds kann man ohne Einschränkung auf die Theateraufführung der Klassen 9 bis 12 des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums Amberg übertragen. Der Leiter der Theatergruppe, Peter Ringeisen, konnte die Zuschauer durch sein kurzweiliges und amüsantes, aber auch anspruchsvolles Stück ganz ins Italien des 18. Jahrhundert katapultieren.

Die Bürger von Livorno vollziehen jedes Jahr nach der Weinlese ein gesellschaftliches Moderitual: die Landpartie nach Montenero. Eigentlich kann sich das kaum ein Bürger leisten, aber das kann man vor den anderen ja nicht zugeben, oder? So macht sich auch Filippo (Bianca Hampl), der gutmütige Vater der verwöhnten und selbstbewussten Giacinta (Marie Siegert), mit seiner Schwester Sabina (Lucy Freller) und dem Edelmann Guglielmo (Nicole Ott) auf zu seinem Landsitz. Dumm nur, dass Leonardo (Sarina Wagner), der um Giacintas Hand anhalten möchte, eigentlich auch in Filippos Kutsche mitfahren wollte und entrüstet und in seiner Ehre verletzt seine Teilnahme an der Landpartie absagt. Diese hätte sich sowieso nur durch Pfandbriefe und Schulden finanzieren lassen, doch das weiß Leonardos Schwester Vittoria (Katharina Bäumler) nicht, die seit jeher in Konkurrenz mit Giacinta um das beste Outfit steht. Nach viel hin und her – Filippos Freund Fulgenzio (Stefanie Linke) verbürgt sich für Leonardo, abbestellten und wieder angeforderten Kutschen und einem Tanzkurs (mit einem sehr besonderen Tanzmeister, gespielt von Ronja Wiesgickl und Berto (Elvira Galiev) als Extratänzer) – bricht die Gesellschaft schließlich doch nach Montenero auf, mit einem Eheversprechen Giacintas an Leonardo und dessen Hoffen auf 8000 Scudi Mitgift.

In Montenero kommt, was kommen muss: Giacinta verliebt sich in Guglielmo. Und dies bleibt nicht unbemerkt. Die Kammerdiener und Kammerzofen der Herrschaften, Brigida (Magdalena Gubisch), Paolo (Julia Wittmann), Cecco (Katharina Krell), Tita (Polina Braun), Beltrame (Lisa Eichenseer) und Amadeo (Verena Kosel) reden schon darüber, dass Giacinta Spielchen mit Leonardo spielt, und Sabina, selbst hemmungslos in den mittellosen Lebenskünstler Ferdinando (Alexandra Ries) verliebt, ermahnt ihre Nichte gar, dass man nie zwei Liebhaber haben sollte. Giacinta will daraufhin Guglielmo in die Schranken weisen, wird dabei aber von Leonardo belauscht, der sofort erkennt, was eigentlich zwischen seiner Verlobten und dem Rivalen passiert. Der Unglücklichen bleibt nichts anderes übrig als Leonardo vorzugaukeln, dass Guglielmo um Vittorias Hand anhalten wolle. Trotzdem geht das gesellschaftliche Leben in Montenero weiter. Ein Tanzabend (Schülerinnen des Wahlfachs Tanz unter der Leitung von Sigrid Ringeisen tanzten modern, mitreißend und tänzerisch anspruchsvoll) bringt alle auf andere Gedanken. Doch gerade in diese ausgelassene Stimmung kommt eine schlechte, oder doch gute, Nachricht: der Erbonkel Leonardos liegt im Sterben!

Zurück in Livorno warten auf die Beteiligten der Landpartie weitere Probleme. Costanza (Anja Richter), eine Cousine Vittorias, die ihre Nichte Rosina (Christina Netta) und deren einfältigen Ehemann Antonio (Rebecca Storch) bei sich aufgenommen hat, kann bei einem Besuch Giacintas ihre Armut nicht mehr vertuschen. Leonardos Onkel Bernardino (Nadine Foschum) erholt sich wieder, ist aber geistig nicht mehr in der Lage zu verstehen, dass sein Neffe finanzielle Unterstützung bräuchte. Fulgenzio, der Leonardo erneut zur Seite steht, findet heraus, dass Filippo keine 8000 Scudi Mitgift hat, und macht den Vorschlag, dem sich schließlich alle, mehr oder weniger freiwillig, fügen: Giacinta und Leonardo bekommen das heruntergekommene Landgut Filippos in Genua übertragen und bewirtschaften es zukünftig. Guglielmo heiratet Vittoria auf Wunsch Giacintas. Wenigstens Brigida und Paolo, die sich in der Schlussszene ihre Gefühle gestehen, heiraten aus Liebe.

Die Auftaktveranstaltung der Amberger Schultheatertage, noch vor dem offiziellen Startschuss am 1.3.2013 im Stadttheater, konnte vor allem durch ihre motivierten und textsicheren Darsteller begeistern. Das fast 300 Jahre alte Stück zeigte überraschend moderne Aspekte: die Überschuldung, um gesellschaftlichen Zwängen Stand zu halten, das Streben nach dem neusten und teuersten Outfit und das Bedürfnis geliebt und akzeptiert zu werden, sprach sicher auch die jüngeren Zuschauer an und wurde besonders durch das überzeugende Spiel der Protagonisten sehr gut umgesetzt. Insgesamt machte dieser Abend Lust auf mehr und zeigte deutlich, dass eine Schultheateraufführung den großen Bühnen in nichts nachstehen muss.

Bianca Rauchenberger (MRG)

Bilder: hostasxeng

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„Ob’s kommt?“ – Spontantheatertag in neuem Ambiente

Da der Club Habana, traditionell der Veranstaltungsort für die Spontantheatertage, leider inzwischen geschlossen ist, musste der Abend umziehen und fand im Ring-Theater, dem großen, alten Kino, einen geeigneten Ersatz, wenn auch die Atmosphäre dort etwas nüchterner und weniger intim ist. Dennoch fühlten sich die sieben teilnehmenden Gruppen auf der Kino-Bühne sehr wohl, „legten ihre ganze Spielfreude in die kurzen Auftritte und zeigten ihre schauspielerischen Talente“, wie der Kritiker der Amberger Zeitung, Johann Frischholz, in der AZ vom 4. Dezember 2012 konstatierte.

Das am Sonntagvormittag (2. Dez. 2012) telefonisch an die Gruppen durchgegebene Thema lautete diesmal: „Ob’s kommt?“ Bis zum Abend hatten die Gruppen dazu eine Spielszene oder mehrere kurze Szenen zu erstellen, die insgesamt nicht länger als acht Minuten sein durften. In der erfahrenen Jury wirkten mit: ein Mitglied des ausrichtenden Kulturvereins Amberg, Eugen Burger, Kulturfachkraft Marina Auer, ehemalige Leiterin der Stadtbibliothek Vroni Hein, Zeitungsredakteurin Kristina Sandig und Lehrer (mit überregionaler Wettbewerbserfahrung) Egid Spies.

Johann Frischholz würdigt die drei Erstplatzierten so:

Den dritten Platz belegte der Amberger Jugendtheaterclub unter der Leitung von Winni Steinl. Die jungen Schauspieler und Schauspielerinnen der Truppe zeigten ein höchst aktuelles „Endzeit“-Stück, das sich mit den derzeit grassierenden Weltuntergangs-Szenarien befasste. Mit Lust zelebrierten sie einen letzten „Tanz auf dem Vulkan“ und demonstrierten verschiedene Möglichkeiten, per Suizid der apokalyptischen Bedrohung zu entgehen, um dann feststellen zu müssen, dass der 21. Dezember 2012 doch nicht der letzte Tag des menschlichen Daseins ist. Aber es gibt ja noch eine Chance, denn „am 30. Mai ist der Weltuntergang!“ Mit diesem fröhlich-morbiden Abgesang verabschiedete sich die Steinl-Truppe von den Zuschauern.

Die Silbermedaille bekam die Theatergruppe der Dr.-Johanna-Decker-Schulen für ihr „Warten aufs Christkind“-Stück. Allerdings steht statt des himmlischen Sendbotens die Schwiegermutter vor der Tür und zertrümmert mit herrlich gespielter Boshaftigkeit das Familien-Idyll. Hier gefiel besonders die Idee, in zwei Handlungssträngen („Familie an Heiligabend“ und „Schwiegermutter im Taxi“), die nahezu zeitgleich auf der Bühne ihrer Vereinigung zustrebten, die Kontrahenten vorzustellen.

Ob sie kommen würden, stand bis kurz vor Beginn noch nicht fest, denn die Theatergruppe Katharina Stark hatte die längste Anreise, und das bei widrigen Wetterverhältnissen. Aber sie kamen, sahen und siegten, die drei jungen Damen aus Weiden. Sie hatten erkannt, dass das Thema von „SPOTT 9“ auch das „Warten an sich“ beinhaltet.

Und so warteten sie auf die große Liebe, auf den Postboten, auf das Ende der Warteschleife im Telefon. So ganz nebenbei nahmen sie in ihrer Performance auch noch die werbetreibende Industrie aufs Korn und erzielten damit den Volltreffer: Platz eins ging, wie schon im Vorjahr, an die Weidener Gäste.

(Johann Frischholz, „Das ‚Warten an sich‘ bringt den Sieg“, Amberger Zeitung Nr. 280, 4. Dezember 2012, S. 22)

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